HONGKONG 🇭🇰 

Kommt einem
irgendwie chinesisch vor…

Ich besuche Hongkong 1996 eine Woche lang mit einer Kollegin und zwei Bekannten. Obwohl das Land zu dieser Zeit (bis 1997) noch britische Kronkolonie ist, sprechen erstaunlich viele Einwohner kein Wort Englisch. Lesen können wir außer Zahlen auch nichts. Vor allem das Essen in kleinen Restaurants (s.u.) und die Orientierung sind schwierig, denn die meisten Straßenschilder und Speisekarten gibts nur auf chinesisch.

Einmal wollen wir auf Hongkong Island mit dem Bus vom Fähranleger im Zentrum in den Vorort Stanley fahren. Das Umsteigen in Aberdeen ist eine haarige Angelegenheit: Wir irren ziellos zwischen diversen Haltestellen hin und her und wissen nun, wie sich Analphabeten fühlen. Bei Taxifahrten empfiehlt es sich, eine Visitenkarte mit der Hoteladresse auf chinesisch bereitzuhalten und einfach draufzuzeigen.

Wer übrigens Mandarin (Hochchinesisch) kann, hat in Hongkong leider auch Pech gehabt: Dort spricht man nämlich vorwiegend Kantonesisch. Und das ist offenbar ganz anders: Im Flugzeug jedenfalls werden englische Filme mit zwei Sätzen chinesischer Untertitel gezeigt.

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Stadt voller Kontraste

Bereits der Anflug auf die Stadt ist ein Erlebnis, denn wir landen noch auf dem 1998 geschlossenen Flughafen Kai Tak. Dessen einzige Start- und Landebahn ragt in die Bucht von Kowloon und endet abrupt im Meer. Also müssen die Maschinen direkt am Anfang aufsetzen und dementsprechend tief anfliegen. Dass man dabei den Anwohnern in die Zimmer gucken kann, ist nicht übertrieben.

Vor dem Rückflug sehen wir uns das Spektakel noch einmal von unten an. Merkwürdigerweise gibt es keine Besucherterrasse. Also begeben wir uns auf das Dach des Flughafen-Parkhauses. Ein lautes Dröhnen ertönt. Heftig blinkend fliegt ein Jumbo-Jet direkt über unsere Köpfe und verschwindet hinter dem Flughafengebäude. Dann noch einer. Noch einer… Vor dem Parkhaus befindet sich eine mehrspurige Schnellstraße, dahinter steht ein Apartmenthaus, das ein Makler wohl als „verkehrsgünstig gelegen“ anpreisen würde. Wer hier lebt, hat garantiert nicht mehr alle Tassen im Schrank. Vermutlich fällt auch regelmäßig der Schrank von der wackelnden Wand. Und falls mal jemand auf dem Dach Wäsche aufhängt, landet die nächste Maschine mit Socken am Fahrwerk.

Auch während des Aufenthalts haben wir Kai Tak ständig vor Augen: Unser Hotelzimmer liegt auf dem Festland und geht zur Kowloon Bay hinaus. Vom Fenster aus sehen wir alle paar Minuten die großen Vögel abwechselnd starten und landen. Der Abflug aus der Stadt ist ein weiteres Abenteuer: Die Piloten müssen die Maschinen schnell hochziehen und eine Kurve machen – sonst knallen sie gegen den Victoria Peak, den Berg auf der Hauptinsel.

Die Stadt wimmelt vor Menschen. Überall wird gebaut. Hier wachsen ganze Stadtviertel schneller aus dem Boden, als in Deutschland ein einzelner Carport. Selbst bei Wolkenkratzern bestehen die Baugerüste lediglich aus zusammengebundenen Bambusstangen. Die Arbeiter turnen – ohne Seil – auf den schwankenden Konstruktionen herum. Man kann gar nicht hingucken!

Nachdem wir die diversen Sehenswürdigkeiten im Zentrum abgeklappert haben, machen wir mit den Hafenfähren Ausflüge auf zwei Inseln. Obwohl es nicht weit ist, taucht man jeweils in eine völlig andere Welt ein. Auf Lantau Island besichtige ich das Kloster Po Lin mit seiner 34 Meter hohen Buddhafigur und das Fischerdorf Tai-O mit ursprünglichen Pfahlhäusern, die über einen Fluss gebaut sind. Klein und beschaulich ist Lamma Island. Hier erholen wir uns an einem ruhigen Badestrand vom Pflastertreten.

 

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Essen – aber bitte mit Stäbchen!

„Alles, was vier Beine hat und kein Stuhl ist, kommt in die Pfanne“, sagt man über die chinesische Küche. Ein Gang über einen Hongkonger Markt scheint dieses Klischee zu bestätigen. Gut, dass wir das erst am letzten Tag unseres Aufenthalts sehen… Unter anderem warten noch lebende, mit Gummibändern zusammengebundene Frösche auf hungrige Kunden. Wir gucken wohl etwas komisch. Der Verkäufer gestikuliert mit finsterem Blick: „Nicht fotografieren!“ In einem an der Vorderfront komplett offenen Geschäft gibts Hühnchen: Links befinden sich die gackernden Vögel im Käfig, in der Mitte werden sie gerupft und rechts hängen sie dann – ungekühlt in der Sonne.

Für Europäer mögen eingelegte, schwarze Uralt-Eier, Schwalbennester oder Ähnliches eklig wirken. Umgekehrt schütteln sich Chinesen, wenn sie Käse sehen – igitt: schlechtgewordene Milch! Das Essen in Hongkonger Gaststätten ist erheblich „chinesischer“ als das in deutschen China-Restaurants. Da ich außer den Preisen nichts entziffern kann, wähle ich Gerichte dort nach der Optik aus. Im Zweifelsfall: vegetarisch! Überall findet man neben Restaurants Straßenstände. Oft duftet das, was in den Woks auf offenem Feuer vor sich hin brutzelt, sehr verführerisch. Da dort sehr heiß gekocht wird, ist es hygienisch relativ unproblematisch. Auf dem Nachtmarkt wagen wir uns an einen Stand mit Seafood. Die Ware ist frisch: Sie befindet sich – noch lebend – in Eimern. Auf dem Boden wuseln Nager herum. Naja: Lieber Ratte unter dem Tisch, als Ratte auf dem Tisch! Und auf unseren Tellern liegen unverkennbar Shrimps.

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HOME, SWEET HOME

MALAYSIA 🇲🇾 

Reiseroute 2009

Kota Kinabalu (Hauptstadt des Bundesstaates Sabah im Nordosten Borneos) – Kiau Nulu (Dorf am Fuß des Gunung Kinabalu) – Gunung Kinabalu (höchster Berg Südostasiens) – Poring (heiße Quellen) – Supu Forest Reserve (Öko-Lodge mitten im Kinabatangan-Dschungel) – Batu Puteh (Dorf am Kinabatangan-Fluss) – Sandakan (Hafenstadt) – Pulau Selingaan (Insel im Turtle Islands Park) – Sepilok (Orang-Utan-Aufzuchtstation) – Kota Kinabalu – AUSTRALIEN 🇦🇺

Für 13 Tage bin ich
die Königin von Sabah!

Den „König von Mallorca“ würde ich nicht mal geschenkt besuchen wollen! Ich komme mir lieber vor wie die Königin von Sabah: 13 Tage lang reise ich kreuz und quer durch den malaysischen Bundesstaat im Nordosten der Insel Borneo. Ausgangs- und Endpunkt ist jeweils die Hauptstadt Kota Kinabalu. Ebenso wie die Hafenstadt Sandakan, die trotz des verdächtig klingenden Namens kein Piratennest ist, erweist sie sich als hübsch und sicher. Am Interessantesten sind jeweils die bunten Märkte. Gleich am ersten Tag kaufe ich mir für wenig Geld zwei Sarongs, die sich als äußerst praktisch erweisen.

 

Aber niemand kommt wegen der Städte nach Sabah. Auch nicht wegen des Klimas: Trockene Wüsten-Hitze (z.B. in Australien) finde ich eigentlich recht angenehm. Auf Borneo hingegen ist es – außer in großer Höhe – ausgesprochen schwül (und dabei deutlich heißer als im ebenfalls feuchten Costa Rica). Erstmals erlebe ich das Gefühl, am ganzen Körper zu schwitzen. Dunkle Baumwoll-T-Shirts sind nicht empfehlenswert – Salzränder! Unverzichtbar dagegen ein Regencape: „Trockenzeit“ ist hier ein irreführender Begriff.

Wer feuchte Hitze aushalten kann, wird mit einzigartigen Landschaften belohnt, die zudem noch äußerst abwechlungsreich sind, da sich der Regenwald je nach Höhenlage verändert. Und die Küste ist nicht weniger schön als das Landesinnere: Die Insel Pulau Selingaan nahe der philippinischen Grenze erweist sich als winziges Paradies mit Kalenderfoto-Strand. Tagsüber kann man direkt von dort aus losschnorcheln und bunte Fische gucken, nachts Meeresschildkröten beim Eierlegen beobachten. Die sammeln Ranger des Turtle Islands Park sofort ein und vergraben sie an einer eingezäunten, geschützen Stelle wieder neu im Sand. Wenn die Babys geschlüpft sind, werden sie in einen Plastikkorb gepackt, zurück ans Wasser getragen und ausgekippt. Blitzschnell robben die Kleinen Richtung Meer und verschwinden darin. Nur einer rennt erstmal in die falsche Richtung und wird sanft „umgedreht“.

 

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Ein Land, in dem die Eichhörnchen
kleiner als die Tausendfüßer sind

Neben Meeresschildkröten hat Borneo viele andere spektakuläre Tiere zu bieten: Die wohl berühmtesten sind die Orang-Utans. Den ersten treffe ich im botanischen Garten von Poring. In der Nähe lebt „Jackie“. Die etwas füllige Dame wurde mit der Hand aufgezogen und dann in den Dschungel entlassen. Nun kommt sie jeden Abend vorbei, um sich Früchte und eine Flasche Milch abzuholen. Vorher betreibt sie Gesichtspflege: Sie nimmt einen Blumentopf, reißt die Pflanze heraus, füllt den Pott mit einem Gartenschlauch mit Wasser und steckt den Kopf hinein. Noch mehr Orang-Utans können wir später in der Aufzucht-Station in Sepilok beobachten.

Oft teilt man auch sein Zimmer mit Viechern: Unser Hotel in Poring z.B. ist eine traditionelle Bambus-Konstruktion. Die Ritzen in den Wänden sind ein idealer Lebensraum für die putzigen Geckos, die als „Untermieter“ sehr beliebt sind, weil sie Insekten fressen. Ich wünsche ihnen guten Appetit, denn quer über mein Bett führt eine kleine Ameisenstraße. In eine echt kitzlige Situation geraten wir beim Waten durch einen Bach: Plötzlich kommen kleine Fische und knabbern an unseren Füßen. Gut, dass ich sowas schon mal in einer Aquaristik-Ausstellung erlebt hatte, sonst wäre ich wohl nervös geworden.

Im Regenwald hört man ständig Krach wie von einer Motorsäge. Keine Sorge, hier im Schutzgebiet werden keine Bäume umgelegt! Es sind bloß Zikaden auf Partnersuche, beruhigt uns der Guide. Ferner sehen wir winzige Eichhörnchen in Mausgröße und monströse Tausendfüßer. Nicht schön, aber selten: die Nasenaffen, die es nur auf Borneo gibt. Nicht schön und leider auch nicht selten: die Blutegel, die wie Zecken auf Büschen am Wegesrand auf Opfer warten. Sie kriechen einem sogar unters Hemd und beißen sich so in der Haut fest, dass man sie nur schwer abkriegt. Zum Glück gibts dafür extra Anti-Egel-Spray.

Dass auch Kobras nicht völlig gefühllos sind, beweist uns ein kleines Exemplar auf dem Dorfplatz von Batu Puteh: Es legt sich in Herzchenform. Trotzdem halten alle respektvollen Abstand. Aus dem Baby wird nämlich mal eine Königskobra – die größte Giftschlange der Welt.

 

Viele Planzen aus Borneo haben ebenfalls andere Dimensionen als unsere: In der Nähe von Poring sehe ich eine Rafflesia – mit einem Durchmesser von bis zu einem Meter die größte Blume der Welt. Allerdings ist sie nicht sehr wohlriechend, da sie von Fliegen bestäubt wird. Ferner gibts Fleisch fressende Kannenpflanzen, die z.T. so riesig sind, dass man schon Ratten darin gefunden hat. Überall wachsen Orchideen. Schon schräg: Während bei uns im Blumengeschäft selbst ein Mini-Exemplar zig Euro kostet, stehen sie dort wie Unkraut im Wald herum.


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Sanfte Elefantenflüsterer
und toughe Motorrad-Cops

Im Tiefland am Kinabatangan-Fluss übernachten wir in der Supu Forest Reserve in kleinen Holzhütten mitten im Regenwald. Überall in der Öko-Lodge sind Elefantenspuren. Wir werden gewarnt: „Wenn Ihr nachts auf die Toilette müsst und einer der Dickhäuter steht auf dem Weg: Haltet Abstand und versucht nicht, drumherumzugehen!“ Natürlich wollen wir trotzdem eines der seltenen Exemplare (es gibt nur 1000 bis maximal 1500 Stück davon) auch mal sehen. Der örtliche „Elefantenflüsterer“ schafft es tatsächlich, den Bullen der Herde aus dem dichten Dschungel zu locken. Der Name „Borneo Zwergelefant“ täuscht übrigens – als er durch das Unterholz getrampelt kommt und laut trötet, wirkt er immer noch recht imposant. Mit einer beschwichtigen Geste beruhigt der Ranger das Tier. Wo er schon mal am Flussufer steht, nimmt der Dickhäuter direkt vor unseren Augen ein Bad und duscht sich mit dem Rüssel ab.

 

Den folgenden Tag verbringen wir im nahen Dorf Batu Puteh. Insgesamt leben in Sabah um die 70 Volksgruppen mit jeweils eigener Kultur und Sprache. Hier sind es die Sungai people. Unsere Reisegruppe wird aufgeteilt und übernachtet in den Gästezimmern von Privathäusern. Wichtige Regel vor dem Betreten: Schuhe ausziehen! Drinnen fällt auf, dass im Wohnzimmer außer kleinen Schränken kaum Möbel stehen. Man bleibt auf dem Teppich, macht es sich z.B. zum Fernsehen oder Essen dort gemütlich. Auch am Dorfleben dürfen wir teilhaben: Am späten Nachmittag spielen Besucher und Einheimische auf einem Platz Volleyball. Daneben tummeln sich Kinder auf der Straße. Zwei „Motorrad-Cops“ patroullieren mit ihren Bobby Cars, finden aber keine Kriminellen zum Verhaften.

Abends feiern alle gemeinsam mit traditioneller Gong-Musik und Tanz. Wir Westlerinnen bekommen dafür farbenfrohe, Kleidung geliehen – Miniröcke und ärmellose T-Shirts sind tabu. Das Abendessen kochen wir unter Anleitung einheimischer Frauen selbst. Es gibt Hühnchen-Curry, wobei das Hühnchen mitsamt den Knochen kleingeschnitten und in den Topf geworfen wird. Das Curry wird nicht selbst zusammengemischt, sondern ist eine fertige Gewürzpaste. Das ist ja einfacher als gedacht. Dass in diesem Teil der Welt andere Ess-Gewohnheiten herrschen, merkt man schon auf dem Hinflug mit „Malaysia Airlines“: Statt der üblichen gewürzfreien Flugzeug-Kost, wird was richtig Scharfes serviert. Gewöhnungsbedürftig ist das übliche Hotel-Frühstück: Bratnudeln oder -reis!

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Reiswein, züchtig
verhülltes Weib und Gesang

Im Hochland lernen wir ein anderes Dorf kennen: Wir besuchen die Dusun people in Kiau Nulu, das sehr malerisch am Fuße des Gunung Kinabalu liegt. Auch hier hören wir Gong-Musik und sehen Tänze. Beim geselligen Abend wird weniger traditionell Gitarre gespielt. Während Batu Puteh ein moslemisches – und damit alkoholfreies – Dorf ist, wird im überwiegend christlichen Kiau Nulu großzügig selbstgemachter Reiswein ausgeschenkt. Das mildert die Angst vor der bevorstehenden Besteigung des grauen Riesen im Hintergrund. „Denkt nicht an den Berg“, erklärt der örtliche Guide, der uns später hinauf begleitet. Ein Teenager wird kühn: Nachdem er höflich meine Erlaubnis erbeten hat, küsst er mich schüchtern kurz auf die Wange. Anschließend fragt er ängstlich noch einmal, ob das jetzt nicht zu dreist war. (Nein, es war sehr süß und unschuldig!)

Bei beiden Dörfern wird deutlich: Die Leute sind erheblich konservativer als bei uns. Damit wir nicht zu sehr ins Fettnäpfchen treten, versorgt uns der Reiseveranstalter vor dem Besuch mit einem Knigge. So darf z.B. in ländlichen Gegenden nicht im Bikini, sondern nur mit einem Sarong gebadet werden. Achtung, Pärchen: Öffentliches Knutschen geht gar nicht. Schlechte Nachrichten für Linkshänder: Gegessen wird mit der rechten Hand (O-Ton der Erklärung: „left hand is for cleaning private parts after ablutions“ – d.h. die Linke dient als Klopapier…).

 

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Der höchste Berg Südostasiens:
Das ist echt der Gipfel!

Höhepunkt – im Wortsinne – der Reise ist die Besteigung des 4095 Meter hohen Gunung Kinabalu. Nicht umsonst ist die ganze Gegend Weltnaturerbe. Ständig wechselt die Landschaft. Beim Aufstieg gehen wir nicht den Hauptweg, sondern den noch schöneren (allerdings auch längeren) Mesilau Trail. Der Weg führt erst durch Regen-, Berg- und Nebelwald, dann durch Zwergsträucher, schließlich über nackten Fels. Besondere Kletterkünste braucht man zwar nicht, aber Kondition. Zudem wird oben die Luft dünn. Ab einem bestimmten Punkt gibts jedoch kein Zurück mehr: Die Übernachtungshütte Laban Rata liegt auf 3273 Metern und muss irgendwie erreicht werden. Dort gibts Probleme mit der Stromversorgung und die Heizung funktioniert nicht. Egal, ich bin eh zu müde, um den dicken Pullover auszuziehen… Mitten in der Nacht gehts im Dunkeln weiter Richtung Gipfel. Ganz schaffe ich es nicht bis nach oben. Regelmäßiges Treppensteigen im Büro (4. Stock) war als Training wohl doch nicht ausreichend.

Beim Abstieg werde ich dann richtig demoralisiert: Mir kommen zwei Männer entgegen, die Kloschüsseln wie Rucksäcke tragen und damit schneller bergauf gehen, als ich bergab. Ebenfalls frustrierend: Am Ende des Weges steht eine Tafel mit den Ergebnissen vom letzten „Climbathon“. 2008 hat der Sieger die 21 Kilometer lange Strecke hoch und runter in 2 Stunden, 44 Minuten und 47 Sekunden geschafft.

Für die schmerzenden Muskeln sind anschließend die heißen Quellen von Poring eine Wohltat! In der Nähe des öffentlichen Bades gibt es einen Schmetterlingsgarten, eine Hängebrücke und Wanderwege durch den Regenwald, die zu einem Wasserfall und einer Fledermaushöhle führen.

 

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„Plättet den Regenwald“-Politik

Während der rund fünfstündigen Busfahrt von Poring ins Tiefland am Kinabatangan-Fluss sehen wir riesige Ölpalmen-Plantagen. Kein Wunder: Malaysia ist neben Indonesien einer der größten Produzenten von Palmöl, das u.a. für sogenannte Biokraftstoffe verwendet wird. Kurz darauf lese in in der Zeitung, dass laut irgendeiner EU-Norm künftig bei Benzin der Pflanzen-Anteil erhöht werden soll. Nach einem vergeblichen Anlauf will die Bundesregierung das Ganze den Verbrauchern unter dem Stichwort „E 10“ erneut aufzwingen. Ich weigere mich trotzdem, es zu tanken: Zwar beteuern die Ölkonzerne, dass das von ihnen dafür verwendete Palmöl nur aus nachhaltigem Anbau stammt. Aber sicher – so sicher, wie die Bohrinseln im Golf von Mexiko… Vielleicht sollte ehrlicherweise wenigstens der „Biokraftstoff“ in „Nieder mit dem Regenwald“-Benzin umgetauft werden.

Viele Einheimische sehen die Plantagen allerdings mit anderen Augen als wir Touristen – stellen wir beim Besuch in Batu Puteh fest. Das Dorf liegt an der einzigen Auto-Brücke über den 560 Kilometer langen Kinabatangan-Fluss. Auf dieser Seite sind die Häuser noch von unberührtem Dschungel umgeben, in dem die Bewohner ihre Öko-Lodge betreiben. Das gegenüber liegende Flussufer ist bereits von Ölpalmen gesäumt. Auf die Frage, ob die Dörfler die Zerstörung ihrer Umwelt nicht bedrohlich finden, antwortet die Tochter des Hauses, in dem wir übernachten, etwas erstaunt: „Nein. Auf der Plantage arbeiten alle Männer in meiner Familie.“

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Anrüchiges Obst

Überall hängen Schilder „No Durians“. Dabei sind die exotischen Früchte in Südostasien äußerst beliebt. Überall werden sie angeboten (allerdings nur unter freiem Himmel auf dem Markt oder von der Ladefläche eines Lastwagens aus). Man darf sie in Malaysia nicht in öffentlichen Verkehrsmitteln transportieren – denn sie stinken furchtbar. Wikipedia hat über Durians Interessantes beizusteuern: Wer sie z.B. verbotenerweise auf sein Hotelzimmer mitnimmt, muss es für eine weitere Woche mieten. Es ist auch nicht erlaubt, die große, stachelige Frucht wie einen Morgenstern als Waffe einzusetzen. In Thailand richtet sich die Strafe dafür nach Zahl der Löcher, die der Geschlagene anschließend hat.

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Du Hühnchen-Muschi!

Ein englischer Police-Sergeant aus unserer Gruppe sammelt Schimpfwörter aus aller Welt. Die Mitreisenden haben schon ein paar dänische und deutsche zu seiner Kollektion beigesteuert. Bei einem Glas Reiswein bittet er den Tourguide Han um ein malaysisches Schimpfwort. Der zögert kurz (schließlich sind die Bewohner Borneos wie die meisten Asiaten sehr höfliche Menschen) und rückt dann eins raus: „Pu ki ayam“. „Ayam“ kennen wir von Speisekarten: Geflügel. Und „Pu ki“? Das ist das, was das Hühnchen zwischen den Beinen hat… Begeistert üben wir alle die neu erworbenen Sprachkenntnisse. Vor allem die Frauen rufen damit bei ein paar pubertierenden Jungs, die am Nebentisch sitzen, große Heiterkeit hervor: So ein Wort würde ein malaysisches Mädchen nie in den Mund nehmen!

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HOME, SWEET HOME

USA 🇺🇸 

Reiserouten

1. Reise 1993

New York

2. Reise 1998

San FranciscoMontereySan Luis ObispoSanta BarbaraLos AngelesSan DiegoBarstow (viele Outlet-Stores) – Grand CanyonLake PowellZion National ParkDeath ValleyLas VegasSequoia National ParkYosemite National ParkSan Francisco

Land der unmöglichen Begrenztheiten

Nehmen Sie Drogen? Schmuggeln Sie welche? Haben Sie ansteckende Krankheiten? Sind Sie jemals verhaftet worden? Oder wollen Sie vielleicht den Präsidenten erschießen? Falls ja: Lügen Sie lieber bei den Fragen, die jeder vor der Einreise beantworten muss – sonst lässt man Sie gar nicht erst in ein Flugzeug Richtung USA steigen. Früher wurde das Ganze per Pappkärtchen in der Luft erledigt, heute muss man sich vor dem Abflug im Internet anmelden (und 14 Dollar überweisen). Um das Abarbeiten der unfreiwillig komischen Liste kommt man selbst dann nicht herum, wenn man lediglich auf einem US-Flughafen umsteigen will.

Und das ist nur ein kleiner Schritt ins Land der unmöglichen Begrenztheiten. Ein Beispiel für den weiteren Weg: Ich fliege 2011 von Hamburg über Amsterdam und Atlanta nach Guatemala City. Der Hartsfield-Jackson Atlanta International Airport ist der Flughafen mit dem weltweit größten Passagieraufkommen (fast 90 Millionen pro Jahr). Prompt steht vor der Passkontrolle eine Riesenschlange. Wartezeit für Nicht-US-Bürger: knapp eine Stunde. Endlich dran. „Bitte die vier Finger der rechten Hand auf den Scanner legen, nun den rechten Daumen, die vier Finger der linken Hand, den linken Daumen. Jetzt noch in diese Kamera schauen. Danke! Was wollen Sie in den USA?“ – „Im Flughafenhotel übernachten und morgen früh weiterfliegen.“ Einen kaum lesbaren Stempel in den Pass. Einmal tief durchatmen.

Koffer vom Gepäckband fischen und durch den Zoll rollen. Dort ausgefüllten Fragebogen abgeben („Hatten Sie in letzter Zeit Kontakt mit Tieren? Führen Sie Planzenteile/Schnecken/Waren/Warenmuster/Geschenke/Geldbeträge über 10.000 Dollar mit sich?“ Richtige Antwort: nein). Nochmal tief durchatmen. „Hier nicht stehenbleiben“, brüllt eine Flughafenmitarbeiterin. Koffer schnell weiterrollen.

Nix wie raus und nach dem Langstreckenflug ab ins Hotelbett! Zu früh gefreut: Koffer wieder einchecken. „Aber ich will doch den Flughafen verlassen…“ – „Trotzdem!“ Handgepäck und Passagierin werden nämlich nach Hamburg und Amsterdam ein drittes Mal gescreent (wahrscheinlich leuchte ich fortan im Dunkeln). Vor der Handgepäck-Kontrolle eine Riesenschlange. Ganz tief durchatmen.

Als ich nach insgesamt zwei Stunden endlich den öffentlich zugänglichen Ausgang des Flughafens erreiche, wartet mein Koffer schon mutterseelenallein auf mich – mit aufgebrochenem Schloss. Es waren jedoch keine Diebe, die hier eine wunderbare Gelegenheit hätten, sondern die Freunde und Helfer von der „Homeland Security“, die den Inhalt durchwühlt haben. Innen finde ich ein Kärtchen: „Wir dürfen das!“

Eigentlich habe ich keinerlei terroristische Ambitionen, aber plötzlich verspüre ich den Drang, etwas kaputtzumachen. Irgendwas. Einfach so. Ich lasse es. Stattdessen stelle ich mir vor, wie ich auf dem Rückflug eine Mausefalle zwischen die schmutzigen Socken packe und wenn der nächste Heimatschützer seine Finger in meinen Koffer steckt… Ich verwerfe auch diese Idee und kaufe mir Spezialschlösser (8 Dollar pro Stück) für USA-Reisende: Die kann die „Homeland Security“ öffnen, ohne sie zu zerstören.

Nach diesen Erfahrungen bin ich für den Weiterflug am nächsten Morgen drei Stunden vorher am Airport – und stehe 30 Minuten später am Gate. Nicht mal meinen Pass sehen sich die Amerikaner diesmal an. Die wollen mich wohl ganz schnell wieder loswerden…

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New York, New York

Mein erster Trip über die Grenzen Europas hinaus führt mich für eine Woche in den Big Apple. Aufregend, aber trotzdem fühle ich mich gleich zu Hause. Schließlich hat man die Stadt schon in unzähligen Filmen oder Fernsehserien gesehen. Und es ist tatsächlich so: Überall fahren gelbe Taxis mit mürrischen Drivern. Man braucht nur den Arm zu heben und eines hält am Straßenrand. Als Alternative (nicht nur im „Brennpunkt Brooklyn“) befördern einen ratternde U-Bahnen voller Graffities durch die City. Ebenso vertraut sind die Straßenzüge: Häuser wie in der „Sesamstraße“, davor verbeulte Mülltonnen wie das Heim von Oscar. Meine Tipps für die Stadtbesichtigung: Erst „Cruising“ durchs schräge East Village, dann „Im Jahr des Drachen“ ins benachbarte Chinatown. Schließlich gehts auf den Spuren von „Der Pate“ nach Little Italy. Zur Erholung auf dem East River und dem Hudson, wo sicher mancher in Betonschuhen „bei den Fischen schläft“, mit dem Boot um Manhattan schippern. Dabei den Blick auf die Skyline genießen. Später die weltberühmten Wolkenkratzer aus der Nähe betrachten. Zwar treffe ich auf dem Dach des Empire State Buildings weder Meg Ryan noch Tom Hanks, dafür immerhin einen Typen im „King Kong“-Kostüm. Die Aussichtsplattform des World Trade Centers hingegen besuche ich nicht. „Sight is zero“ verkündet ein Schild am Eingang. Es ist sehr trübes Wetter am 11. September – 1993…

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Tief im Südwesten

„It never rains in southern California?“ Von wegen! Mit einem befreundeten Paar habe ich ein Auto gemietet. Drei Wochen lang besuchen wir im Herbst 1998 die US-Bundesstaaten Kalifornien, Arizona, Utah und Nevada. Start- und Endpunkt ist jeweils San Francisco. Die Stadt ist wirklich wunderschön. Allerdings habe ich wie in New York ständig ein Déjà-vu-Gefühl. Die steilen Straßen, das Pier, die Golden Gate Bridge, das Hippie-Hausbootviertel Sausalito – kenne ich irgendwie schon… Zunächst fahren wir die Pazifikküste über Los Angeles (recht langweilig) bis nach San Diego (schöner als gedacht) herunter. Es ist unerwartet kalt. Selbst, als wir vom Meer nach Osten Richtung Grand Canyon abbiegen, bleibt es frisch. Kein Wunder: Ein Blick auf die Schilder mit den Höhenangaben (natürlich in feet) und eine kleine Kopfrechnung verraten es – man ist über 2000 Meter hoch. Als wir mit einem Motorboot über den Stausee Lake Powell brettern, fängt es sogar an, in Strömen zu gießen.

Nach einem Abstecher in den Zion-Nationalpark mit seinen bizarren roten Felsen erreichen wir das Death Valley, wo wir mitten in der Wüste stundenlang in dem von heißen Quellen gespeisten Hotelpool baden. Endlich mollig warm! Auch in Las Vegas ist das Wetter herrlich. Komisch nur, dass dort alles auf Eisschrank klimatisiert ist. Gleichzeitig gibt es kaum Restaurants, in denen man draußen sitzen kann. Wir verbringen zwei Nächte in einem Themenhotel, das wie das Schloss von König Artus aussieht und zwischen den Pyramiden von Gizeh und New York liegt. Echt schräg. Aber ich bin froh, als wir die Spielerstadt wieder verlassen. Sie einmal gesehen zu haben, reicht mir. Im Sequoia National Park wird es wieder feuchtkalt. Zwischen den Riesenmammutbäumen machen wir einen Waldspaziergang, bei dem man sich wirklich klein vorkommt. Dass überall Schilder vor Schwarzbären warnen (bloß nichts Essbares im Auto lassen!) und die Gegend in Wolken getaucht ist (ebenfalls über 2000 Meter hoch), verstärkt die märchenhaft-gruselige Atmosphäre. Hübsch, aber weniger spektakulär finde ich den Yosemite National Park, der stark an die Alpen erinnert.

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HOME, SWEET HOME

KUBA 🇨🇺 

Reiserouten

1. Reise 2010

Havanna (Hauptstadt) – Soroa (Orchideengarten) – Vinales (Kleinstadt) – María La Gorda (Strand) – Havanna

2. Reise 2016

HavannaCienfuegosCayo LargoPlaya IguanasPedraza ReefCayo RosarioCayo de la CantilesCayo Rico – Cayo Hijo de los BallenatesCienfuegos (Ausflug zur Schweinebucht) – HavannaCOSTA RICA 🇨🇷  – PANAMA 🇵🇦 

Eine Insel für sich

Im Gegensatz zu anderen mittelamerikanischen Ländern mit bunt gemischter Bevölkerung hat auf Kuba nicht jede ethnische Gruppe ihre eigene Lebensart behalten. Es hat sich eine einzigartige gemeinsame Kultur entwickelt, die sich auch stark von der des benachbarten Jamaika unterscheidet. Was aber macht diese Kultur so besonders? Hier meine (ganz subjektiven) Lieblings-Klischees:

MUSIK Obwohl man sich in der Karibik befindet, ist nirgendwo Reggae zu hören. Die Insel vibriert im Salsa-Takt. Dessen Rhythmen sind allgegenwärtig – sie erklingen aus den Häusern und den Autos (wobei man sich bei manchem Gefährt wundert, dass es angesichts der wummernden Bässe nicht auseinanderfällt, s. OLDTIMER). Oft wird sogar live gespielt – selbst im menschenleeren Orchideen-Park bei strömendem Regen oder tief in der Provinz in einem kleinen Straßencafé. An einer Raststätte höre ich erstmals kubanischen Reggaeton, einen etwas raueren Mix aus Salsa und HipHop. Das gefällt mir am besten!

RUM Es mag an manchem mangeln (s. SOZIALISMUS), aber „Havanna Club“ geht nie aus. Zuckerrohr für die Rum-Herstellung ist schließlich genug vorhanden. Vielleicht fehlt mal die Minze (dann gibts keinen Mojito), mal die – ohnehin etwas gewöhnungsbedürftige – Cola (dann gibts keinen Cuba Libre). In diesem Fall wird der Rum halt pur getrunken.

ZIGARREN Nichtraucher-Gesetze wie bei uns wird es auf Kuba wohl nie geben. Immerhin wächst hier der wohl beste Tabak der Welt. Bei der Besichtigung einer Fabrik sehen wir, wie aus den Blättern die legendären Zigarren gerollt werden. Auf dem Tisch. Das das auf den Oberschenkeln der Arbeiterinnen geschieht, ist wohl ein Mythos.

OLDTIMER Für Fans von amerikanischen Straßenkreuzern aus den 50ern ist Kuba das Paradies. Es gibt sie in zwei Zuständen: entweder top-gepflegt und chromglänzend oder nur noch vom Rost zusammengehalten. Unser Taxi gehört zur zweiten Sorte. Es hat keine Fensterscheiben mehr und vom zerbröselten Fahrersitz, auf dem wir für Fotos Platz nehmen, pieken sogar Metallteile in den Hintern. Damit mal beim deutschen TÜV vorfahren… Weil Original-Ersatzteile fehlen, werden die Motoren oft recht kreativ repariert – z.B. mit Stücken aus Waschmaschinen oder Fernsehern. Die Straßen sind zwar wegen des Auto- und Benzinmangels relativ leer, aber die Fahrer müssen mit allem rechnen: Da steht ’nen Pferd auf dem Flur, bzw. eine Kuh auf der „Autobahn“! Zäune gibst kaum, auf dem Land laufen die Tiere häufig frei herum. Außerdem sind dort neben motorisierten Oldtimern auch Pferdekutschen und Ochsenkarren noch weit verbreitet.

SOZIALISMUS „Viva la revolución!“ Gut 50 Jahre später begutachtet Che Guevara das Geschehen noch von unzähligen Hauswänden und T-Shirts. Auf der Briefmarke, die ich auf eine Postkarte klebe und nach Hause schicke, ist ebenfalls sein Porträt. Leider ist die Karte immer noch unterwegs… Ein Land der Gegensätze: Manches funktioniert vorbildlich (z.B. Gesundheits- und Schulsystem), manches nicht so gut bis gar nicht. Besonders schlimm muss die Situation Anfang der 90er nach dem Zusammenbruch des wichtigsten Verbündeten, der Sowjetunion, gewesen sein. Da wurde sogar gehungert, erzählt uns ein Guide. Heute noch gibts praktisch keinen öffentlichen Busverkehr – dafür aber organisiertes Trampen: LKW-Fahrer müssen auf Kuba auch Leute transportieren. An bestimmten Punkten (z.B. Tankstellen) stehen Männer in gelben Warnwesten, die wartende Passagiere auf die vorbeikommenden Trucks verteilen. Positiv bemerkbar macht sich, dass die kubanische Regierung das Land in den letzten Jahren etwas geöffnet hat und den Bürgern mehr Privatinitiave erlaubt (s.u.).

SCHWEINEBUCHT Nicht erst seit der gescheiterten Invasion von 1961 ist das Verhältnis zwischen Kuba und den USA schwer gestört. Selbst im Jahr 2010 boykottiert der große Bruder im Norden noch den kleinen Inselstaat – was z.T. absurde Folgen hat: So kann ich den Luxus genießen, direkt von Paris nach Havanna zu fliegen. Vom benachbarten Miami dagegen muss man einen Riesenumweg über Mexiko machen. Bei der Ein- und Ausreise fällt auf, dass die Visa nicht in den Reisepass, sondern auf eine sogenannte „Touristenkarte“ gestempelt werden – wohl um US-Bürgern bei der Rückkehr in ihre Heimat Ärger mit den Behörden zu ersparen. Dafür müssen „Gringos“, die sich nach Kuba trauen, teuer bezahlen. Beim Wechseln von US-Dollar werden nämlich zehn Prozent „Umtauschsteuer“ verlangt (bei anderen Währungen nicht). Die US-Bürger, die sich nicht nach Kuba trauen, weil sie sich immer noch vor der „roten Gefahr“ fürchten, kann ich übrigens beruhigen: Die Kubaner haben viel mehr Angst vor euch, als ihr vor denen! Bisher gibt es nur ein MacDonald’s auf der Insel – in Guantánamo Bay. Viele fragen sich nun, ob sich das nach Castros Tod ändern wird. Was passiert, wenn all die Exil-Kubaner, die in Miami ein „Little Havanna“ gegründet haben, zurückkehren? Wird Havanna dann ein „Little Miami“? Und die Küste eine zweite „Riviera Maya“?

 

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Großstadt, Kleinstadt, Traumstrand

Im Vergleich zu den USA sieht Kuba auf der Karte winzig aus. Das täuscht: Die Insel ist zwar nicht allzu breit, dafür aber rund 1250 Kilometer lang. Dementsprechend sehe ich bei meiner einwöchigen Rundreise nur den äußersten Westen. Die subtropische Landschaft ist nicht spektakulär (keine Regenwälder, Wüsten oder hohe Gebirge), aber sehr vielfältig und hübsch. Auf dem Weg von Havanna in die Kleinstadt Vinales stoppen wir in Soroa, um uns eine der größten Orchideensammlungen der Welt (über 700 Arten) anzusehen.

Vinales selbst ist zauberhaft. Die Gruppe wird auf Privathäuser verteilt. Seit kurzem ist es – unter strengen Auflagen – Kubanern erlaubt, ein Gästezimmer zu vermieten. Das Essen, das unsere Gastgeberin für uns kocht, ist fantastisch – viel besser als das in den staatlichen Restaurants. Unser kubanischer Tourguide Sergio organisiert außerdem ein Abendessen in einem Bauernhaus, das für Außenstehende nie als Restaurant zu erkennen gewesen wäre. Abends gehen wir aus. Die Frage wohin, ist schnell geklärt: Es gibt nur drei Bars/Restaurants in Vinales. Natürlich wird dort live-Musik gespielt. Und natürlich wird Salsa getanzt. Ungewohnt für uns Frauen: An Partnern mangelt es nicht. Tanzmuffel aus Nordeuropa oder -amerika müssen sich vorsehen. Stehen nicht genügend „Freiwillige“ an der Tanzfläche, kommt der Herr an den Tisch, um eine Dame aufzufordern – selbst wenn der Freund oder Ehemann daneben sitzt! Ein weiteres Klischee bestätigt sich in der Praxis: Kubaner sind tolle Tänzer. Zum Glück gehört zum Reiseprogramm auch eine „informelle Salsa-Stunde“. Die gibt uns ein Einheimischer am Nachmittag in der Garage seines Elternhauses.

Vinales liegt in einem idyllischen Tal, das viel zu bieten hat. An einem Vormittag besuchen wir die Höhle Cueva Santo Tomás (genau da regnet es – Glück gehabt!). Am Nachmittag wandern wir durch die Tabakfelder der Umgebung und über sanfte Hügel – immer mit Blick auf die berühmten „Mogotes“ (bizarr geformte Kalkfelsen).

 

Am nächsten Tag mache ich von Vinales aus mache ich einen Ausflug auf die kleine Insel Cayo Levisa, die vor der Nordküste Kubas liegt. Am sehr schönen Badestrand halten sich nur wenige Touristen auf. Allerdings ist es ziemlich windig und kühl.

Wärmer ist es im äußersten Westen der Insel an der Südküste. Dort verbringen wir zwei Nächte in der ehemaligen Piratenbucht María La Gorda. Angeblich stammt der Name von einem ziemlich molligen Mädchen, an das heute noch ein Felsen erinnert. Man kann hier direkt vom Ufer aus loschnorcheln. Erstmals sehe ich einen Rotfeuerfisch in freier Wildbahn. Er hat seinen Stammplatz unter dem kleinen Pier. Am herrlichen Tropen-Strand sind kaum Menschen, da das einzige Hotel nur wenige Zimmer hat. Leider soll die Bettenzahl demnächst erhöht werden. Direkt hinter dem Hotel beginnt ein Nationalpark, das Guanahacabibes Reservat.

 

Am letzten Tag besichtigen wir die liebevoll restaurierte Altstadt von Havanna, die sich um vier Pätze (Plaza Vieja, Plaza de San Francisco, Plaza de Armas und Plaza de la Catedral) gruppiert. Bevor ich zum Flughafen fahren und in den europäischen Winter zurückkehren muss, laufe ich vom Hotel zur Uferpromenade, dem Malecón, um noch einmal die Sonne zu genießen. Wie die Einheimischen mache ich es mir auf der breiten Kaimauer gemütlich. Neben mir richten sich zwei Männer und eine Frau häuslich ein. Sie packen einen Cassettenrecorder und eine Kühlbox aus. Musik ertönt und in einem Plastikbecher wird fix ein Mojito gemixt. Einer der Männer bietet mir einen Schluck an. Dann tanzen wir noch einen letzten Salsa auf dem Bürgersteig. Ein perfekter Abschluss für diesen Urlaub!

Sechs Jahre später besuche ich die Insel erneut. Wie die meisten anderen Touristen denke ich: „Schnell nochmal hin, bevor die Amerikaner kommen.“ Denn unter dem US-Präsidenten Obama scheint sich das Verhältnis langsam zu normalisieren. Einiges hat sich 2016 tatsächlich verändert: Als ich in Havanna ankomme, erkenne ich den Flughafen kaum wieder. Die Blechverschläge der Passkontrolle sind frisch in rot gestrichen und haben sich gewaltig vermehrt. Dementsprechend steht die Schlange nicht mehr über den ganzen Flughafen. Sogar Kameras, die jeden fotografieren sind jetzt da. Die Touristenkarte muss man sich zwar immer noch im voraus besorgen, aber es man kriegt sie jetzt auch übers Reisebüro und muss nicht mehr den Reisepass mit einem 20-Euro-Schein nach Berlin an die kubanische Botschaft schicken (nicht einmal ein Konto zum Überweisen gab es 2010). Während ich am Gepäckband warte, fällt mir auf, dass viele der Koffer ganz umweltfreundlich in knallgrüne Plastikfolie eingewickelt und somit nur noch an der Größe zu unterscheiden sind. Eine Zollbeamtin geht vorbei. Sie trägt zu ihrer Uniform schwarze Netzstrümpfe. Caliente!

Kunst an jeder Ecke: Skulptur auf der Plaza Vieja

Inzwischen dürfen private Vermieter mehr als ein Zimmer anbieten. Dementsprechend findet man überall günstige „Casa Particular“. Auch ich übernachte in solch einer Frühstückspension mitten in der Altstadt (Amargura No. 255). Das Haus stammt aus dem Jahr 1717, sieht von außen winzig aus, ist aber sehr tief. Regelmäßig verkehrende Buslinien gibt es jetzt ebenfalls, zumindest zwischen den größeren Städten. Das nutzen wir bei unserer Fahrt von Havanna nach Cienfuegos und zurück. Am Rückspiegel hängen die kubanische und die US-Flagge schon friedlich nebeneinander. Beim Essen hingegen herrscht nach wie vor ein gewisser Mangel. Auf dem Rückweg in die Hauptstadt machen wir Mittagspause in einer Raststätte. Die Sandwiches sehen nicht sehr vielversprechend aus, und eine Mitreißende schnappt mir das letzte Stieleis vor der Nase weg. Sonst gibt es nur vergilbte Packungen mit schwer erkennbarem Inhalt (Kekse?). Ich krame aus meinem Rucksack eine Snackbox vom Hinflug hervor, die noch zwei winzige Stückchen Schokolade und zwei Karamellbonbons enthält. Nach dem ausgefallenen Mittagessen bin ich hungrig und blicke ich mich in Havanna nach einem Restaurant fürs Abendessen um. An der Plaza de Armas sind mehrere verschiedene nebeneinander. Alle haben die gleiche Karte. Erster ernsthafter Versuch in einem Fischrestaurant am Hafen. Nach Stunden reicht mir eine gelangweilte Kellnerin eine spärliche Speisekarte und lässt sich nicht mehr blicken. Ich gebe auf. Zweiter Versuch: Mein Lonely Planet empfiehlt ein arabisches Restaurant. Nach langem Suchen finde ich die Adresse, aber das El Medina existiert schon lange nicht mehr. Dritter Versuch: Ich blicke auf die Speisekarte eines Restaurants und interessiere mich für das gegrillte Fischfilet. Als ich den Kellner frage, ob sie auch Pommes dazu haben, meint er „nein“. Fisch haben sie heute aber auch nicht. Vierter Versuch: Ein kleiner Laden in einer Nebenstraße, der zumindest hip aussieht. An der Wand hängen antike Schreibmaschinen, mein Tisch ist eine uralte Nähmaschine. Er steht aus einer Empore und ich blicke durch die offene Tür in die Gasse. Die spanische Speisekarte verstehe ich nur teilweise und wähle etwas, was nach Hamburger klingt. Das Gericht ist nicht allzu überzeugend, kostet aber immerhin weniger als die sehr gute Caipirinha (3 CUC, also etwa 3 Euro). Auf der einen Seite bin ich froh, dass es MacDonald’s immer noch nicht nach Havanna geschafft hat. Auf der anderen Seite…

 

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Segeln im Süden

Segeln plus Kuba – diese Kombination ist für mich unwiderstehlich. Also buche ich einen einwöchigen Trip durch den Canarreos-Archipel. Bei der Abfahrt in Havanna gießt es in Strömen. Laut Aussagen der Mitreisen hat es in in der Hauptstadt die ganze letzte Woche geregnet. „El Niño“, erklärt Ossie, der Guide, der uns zur Marina begleitet. Nach der Ankunft in Cienfuegos zeigt er uns die Innenstadt im Kolonialstil (Weltkulturerbe). Dann gehts endlich aufs Boot namens „Van Gogh“, das unter französischer Flagge fährt. Es ist eine Catana 43 und echt wie gemalt (solange man nicht zu genau hinsieht). Nach dem Abendessen lichten wir den Anker für die zehnstündige Überfahrt zu der Inselgruppe. Sobald wir den geschützten Hafen verlassen, wird das Wasser kabbelig und drei von uns vier Pasagieren beginnen langsam zu sterben. Nach einer unendlich langen Nacht werden wir mit einem ersten Blick auf die Hauptinsel Cayo Largo belohnt. Wir ankern am Ostzipfel, der Punta del Este. Obwohl es ziemlich kalt ist, verbringe ich die ganze Nacht im Cockpit auf der schmalen Bank am Esstisch. In der Kabine halte ich es gar nicht aus. Beim Frühstück umkreisen Pelikane und Fregattvögel (sehr elegante Flieger) das Schiff, um zu sehen, ob etwas für sie abfällt. Nach dem gestrigen trüben Tag mit viel Regen scheint jetzt die Sonne. Die letzten Wolken verziehen sich. Mir gehts schon viel besser! Allerdings ist es ziemlich kühl. Wir lichten den Anker und laufen an der Südküste entlang Richtung Westen bis zur Playa Sirena. Ein stetiger Nordost-Wind weht. Das tut er wohl öfter, denn die Bäume am Ufer sind alle schief.

Beim Mittagesen erzählt unser Kapitän Alberto, dass er mehr als zwanzig Jahre bei der kubanischen Marine war. Und zwar auf einem U-Boot. Vom Sinken versteht er also etwas… Dass ein Schwesterschiff unseres Katamarans vier Wochen zuvor untergegangen ist, nachdem es auf einen Felsen gelaufen war, erfahren wir zum Glück erst am Ende der Reise.

Wir fahren mit dem Katamaran direkt an den Strand der Playa Iguanas, die in einer Lagune liegt und ihrem Namen alle Ehre macht. Dort wartet schon eine ganze Leguanfamilie auf unsere Salatreste. Beim Schnorcheln zwischen Mangroven sehe ich zwischen den Wurzeln Tausende von Babyfischen. Auf dem Boden liegen Quallen auf dem Rücken und strampeln mit den Füßen (Armen?). Das Wasser ist so flach, dass man den Bauch einziehen muss. Auch ein Rotfeuerfusch tunmmelt sich dort. Wunderschön sind die vielen Conches, riesige Schnecken mit pinkfarbenen Innenseiten. Wie die Luft ist auch das Wasser recht kalt.

Über Nacht ankern wir in der Lagune. Koch Hugo wirft eine Nylonschnur mit Haken aus, mit einem Stück Hühnchen als Köder. Nicht gerade eine Hightech-Angel, aber ungeheuer wirkungsvoll. Die Red Snapper prügeln sich geradezu darum. Nach kurzer Zeit liegen vier davon im Boot. Wieder mal stirbt mein Abendessen vor meinen Augen. Obwohl ein kräftiger Wind weht, liegt das Boot recht ruhig in der Strömung. Mein Körper nutzt die Chance und holt den fehlenden Schlaf nach. Jetzt ist die Kabine sehr gemütlich. Die großen Luken allerdings lasse ich zu. Auch so ist es frisch. Hätte ich bloß meinen Daunenschlafsack mitgenommen! Aber wer denkt, dass man den in der Karibik braucht? Schließlich ziehe ich meinen Bademantel über den Schlafanzug und decke mich nicht nur mit dem Laken, sondern auch mit einem großen Handtuch zu. Außerdem schlüpfe ich in mein Seideninlet. Besser!

Morgens lichten wir den Anker und fahren erstmal zu Marina von Cayo Largo, um Wasser und Benzin zu bunkern. Noch ist die Marina, die während des Törns immer wieder angelaufen wird, sehr klein. Es gibt in der Nähe ein Hotel, eine Bank, ein paar Souvenirstände und eine kleine Bar mit Terrasse über dem Wasser, unter der sich sechs riesige Tarpune und viele kleine Fische tummeln. Neben den halbverfallenen alten Stegen befinden sich ein paar brandneue mit ultramodernen Anschlüssen für Wasser und Strom. Direkt am Hafen ist eine Meeresschildkrötenstation. Alle drei Arten kommen an die Strände der Insel: Suppenschildkröten, Unechte Karettschildkröten und Echte Karettschildkröten. An der 24 Kilometer langen Küste legen sie ca. 100.000 Eier. 10.000 bis 20.000 werden genommen und in der Aufzuchtstation ausgebrütet. Die Neugeborenen werden im Meer freigelassen. Ein paar bleiben zur Information in der Station. Die Kleinsten sind einen Monat alte Suppenschildkröten. Wenn man sie in die Hand nimmt, strampeln sie mit ihren Miniflossen. Eine der seltenen Echten Karettschildkröten namens Nancy steckt zum Schlafen ihren Kopf in den Abfluss. Besonders anhänglich ist eine Unechte Karettschildkröte namens Maria. Sie wird vom Wärter mit einer Zahnbürste abgeschrubbt und scheint zu lächeln. Auch von dem Besuchern lässt sie sich gerne streicheln, am liebsten unter der rechten Vorderflosse. Ihre linke Vorderflosse ist gelähmt. Deshalb kann sie nicht ins offene Meer zurück.

Nach einem Schnorchelstop am Pedraza Riff nehmen wir Kurs auf Cayo Rosario. Der Wind frischt weiter auf. Zwischendurch fliegende Fische, Fregattvögel und Seeschwalben, von denen eine uns lange begleitet. Alberto und Hugo werfen die Angel aus und fangen einen großen Barracuda. Beeindruckende Zähne. „Vorsicht“, warnt Alberto. „Der lebt noch und kann dir den Finger abbeißen.“ Vor Cayo Rosario ankern wir nur, die benachbarte Cayo de la Cantiles betreten wir. Bevor wir mit dem Dinghi landen, huscht ein Schwein über den Strand. Wir gehen ein paar Meter zu einer kleinen Rangerstation, die mit vier Mann besetzt ist und nur aus einer Holzhütte, einem Solarpanel und einer eingezäunten Satellitenschüssel besteht. Ich sehe einen Leguan, einen wunderschönen grün glänzenden Kolibri und viele Schmetterlinge. Ranger Luis läuft mit uns ein Stückchen über spitze Vulkanfelsen durch die Wildnis und zeigt uns in einem Tümpel aus Regenwasser ein kubanisches Krokodil namens Pepe, das er mit einem Fisch an der Leine anlockt. Süßwasserschildkröten leben ebenfalls in dem Tümpel. Bis zur Lagune in der Mitte der Insel voller Flamingos kommen wir nicht. Schon vorher ist alles überflutet, zu gefährlich. Hugo nimmt ein paar Hummer, Fische und Kokosnüsse für uns mit.

Die Insel Cayo Rico besichtigen wir wieder im strömenden Regen. Sie ist bis auf ein Restaurant unbewohnt. Dort hängen Jutías herum, die mit Brot angelockt werden. Die großen Nager, die es nur auf Kuba gibt, sind eigentlich nachtaktiv. Aber zum Fressen stehen sie auf. Am Strand laufen wir entlang zum Ende der Insel. Auf der einen Seite ist der Ozean, dahinter beginnt eine Lagune mit Mangroven. Alles ist voller Leben. Im flachen Wasser filtert eine riesige Schnecke den feinen Sand. Außerdem entdecken wir Einsiedlerkrebse, eine Mini-Winkerkrabbe und seltsame weiche Kügelchen, von denen keiner weiß, was es ist. Auf der Wattenmeerseite sind wieder die Quallen, die auf dem Rücken liegen. Viele Vögel, darunter Pelikane und Fregattvögel. Obwohl auch die Resorts von Cayo Largo aus Gäste auf die Insel bringen, ist alles noch ganz ursprünglich. Lediglich Plastikmüll, der vom Meer angeschwemmt wurde, trübt das perfekte Bild an einigen Stellen.

Der beste Schnorchelplatz ist das Riff vor Cayo Hijo de los Ballenates. Wir machen an einer Boje fest, die an einem Schiffswrack befestigt ist. Ich kann mich kaum losreißen: Korallen, Massen verschiedener Fische, darunter zwei Kugelfische, ein wunderschöner blauer Drückerfisch, ein riesiger Papageifisch, ein Stechrochen und als Höhepunkt ein gepunkteter Adlerrochen. Nur die erhofften Mantas, die dort leben sollen, zeigen sich nicht.

Leider hat sich das Wetter weiter verschlechtert. Für den nächsten Tag ist Sturm angesagt. Alberto entscheidet, früher als geplant nach Cienfuegos zurückzukehren. An dem Extratag mache ich mit einem Taxi einen Ausflug zur Schweinebucht, die recht unspektakulär und ziemlich felsig ist. Zunächst schnorchele ich in der Cueva de los Pesces. Die Cenote hat offenbar eine Verbindung zum Meer, denn sie ist mit Salzwasser gefüllt. Dementsprechend sehe ich darin auch quietschbunte Fische, darunter einen Königin-Engelfisch. Die Höhle ist sehr interessant, aber ziemlich klein. Zu klein für die einstündige Anfahrt. Fahrer Fernando spricht ausschließlich spanisch. Insofern ist die Verständigung schwierig. Ich würde gern den nahen Nationalpark sehen, aber dort sind wohl die Straßen zu schlecht für den klapprigen Lada. Fernando erzählt etwas von „Cocodrilos“. Da ich Krokodile liebe, stimme ich zu. Die Farm ist nicht sehr groß, bietet jedoch kubanische Krokodile vom Baby bis zum ausgewachsenen, fauchenden Männchen. Mit dem vierjährigen Freddie kann man sich fotografieren lassen. Er kriegt sogar einen Strohhut aufgesetzt. Armer Kleiner, aber es sieht sehr süß aus!

Die Rückfahrt nach Havanna treten wir vom vier Sterne-Hotel „Jagua“ aus an. Es ist ein bizarrer Mix aus kapitalistischer Fifties-Architektur (erbaut von Batistas Bruder), sozialistischer Sixties-Tristesse und einer modernen Lobby. Neben einem gepflegten Pool führt eine holprige Treppe ins brackige Hafenwasser. Im benachbarten Garten stehen unwirklich kitschige Betonskulpturen von Flamingos und einem röhrenden Hirschen. Mit Steinchen sind Muster und Sprüche auf die Erde gelegt.

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COSTA RICA 🇨🇷

Reiserouten

1. Reise 2009

San José (Hauptstadt) – Tortuguero (Dorf an der nördlichen Karibikküste, Tortuguero Nationalpark) – Puerto Viejo de Sarapiquí (Stadt im Zentrum des Bananenanbaugebiets, Forschungszentrum La Selva im Regenwald) – La Fortuna (Stadt am Fuße des Volcán Arenal) – Monteverde (Dorf im Gebirge, Monteverde Nationalpark) – Quepos (Stadt an der Pazifikküste, Manuel Antonio Nationalpark) – San José

2. Reise 2016

KUBA 🇨🇺 – San JoséPuerto Viejo de Talamanca (Städtchen an der südlichen Karibikküste, Cahuita Nationalpark) – PANAMA 🇵🇦 

Das wahre Leben
im friedlichen Naturparadies

Costa Rica heißt übersetzt „Reiche Küste“ und wird nicht umsonst die „Schweiz Mittelamerikas“ genannt. Unabhängig ist das Land schon seit 1821. Frieden schaffen ohne Waffen ist machbar, Herr Nachbar. Sogar in einer krisengeschüttelten Region: Nach einem kurzen, nicht allzu blutigen Bürgerkrieg im Jahr 1948 (Einschusslöcher sind heute noch im Gebäude des Nationalmuseums im Zentrum von San José zu sehen) hat die Regierung beherzt das Militär abgeschafft und das gesparte Geld lieber ins Gesundheits- und Schulsystem investiert. Das hat sich für die Ticos und Ticas, wie sich die Einheimischen selbst nennen, ausgezahlt. Man muss nicht viel Spanisch können, um deren Wahlspruch „Pura Vida“  – „das wahre Leben“ – zu verstehen.

Spuren alter Kulturen sucht man in Costa Rica vergebens: Die Maya haben weiter nördlich, die Inkas weiter südlich gelebt. Spektakulär schöne Städte wie Antigua in Guatemala oder Cuzco in Peru hat das Land ebenfalls nicht zu bieten. Die Hauptstadt San José ist grün und sicher, abgesehen von ein paar historischen Gebäuden jedoch relativ gesichtslos. Dasselbe gilt für die Provinzmetropolen Puerto Viejo de Sarapiquí und La Fortuna. Letztere soll am Fuße eines bilderbuchmäßigen Vulkans liegen. Leider sehen wir den Arenal nicht, da alles wolkenverhangen ist. Immerhin ist er aktiv: Der Berg speist heiße Quellen. In der Baldi Termae genieße ich den Luxus, in einem herrlich warmen Pool mit einer Bar in der Mitte auf einem gekachelten Hocker zu sitzen und einen eisgekühlten Cocktail zu schlürfen. Nicht ganz so warm, aber immer noch angenehm, sind die nahen Wasserfälle Cataratas de Fortuna und der wilde Fluss, auf dem wir raften.

Costa Ricas Reichtum ist seine Tier- und Pflanzenwelt: Rund 27 Prozent der Landesfläche stehen unter Naturschutz. Schwarzer Strand an der Karibikküste, weißer Strand an der Pazifikküste, Hochgebirge in der Mitte, Flachlanddschungel – auf engstem Raum finden sich ganz unterschiedliche Landschaften. Ohne zu fliegen, kann man in 14 Tagen sehr viel sehen. Für wasserscheue Menschen ist Costa Rica als Urlaubsziel übrigens nicht geeignet: Es zählt zu den regenreichsten Ländern der Erde. Obwohl von Dezember bis April „Trockenzeit“ herrscht, werde ich bei meinem Besuch im Januar/Februar mehrmals nass bis auf die Haut.

 

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Riesenspinnen und
finster blickende Affen

Während der Reise teile ich meine Hotelzimmer nicht nur mit Menschen: Das winzige Fröschchen an der Tür ist willkommen, die riesige Kakerlake in der Dusche und der schwarze Skorpion auf der Schwelle sind es weniger. Meine Abneigung gegen Vogelspinnen hingegen verliere ich in Monteverde im Schmetterlingsgarten. Dort darf ich eine auf die Hand nehmen. „Die ist ganz ruhig gelagert. Selbst wenn sie wider Erwarten zubeißt, ist das nicht schlimmer als ein Wespenstich“, versichert man mir vorher. Eine kitzlige Angelegenheit, aber eigentlich niedlich: Sie hat ein richtiges Fell. Beim Besuch des benachbarten Nationalparks lockt der Ranger ein anderes Exemplar aus seinem Erdloch, indem er mit einem Stöckchen herumwedelt („Das sollte ich eigentlich nicht tun…“). Dabei erklärt er, dass die Haare dazu dienen, über leichte Erschütterungen potentielle Beute vor dem Eingang zu „erfühlen“.

Viele kleine Insekten finde ich ohnehin ekliger als ein Großes: Unheimlich sind mir z.B. die perfekt durchorganisierten Blattschneider-Ameisen. Sie können Lasten tragen, die viel größer als sie selbst sind, und züchten auf den abgeschnittenen Blättern in ihrem Bau Pilze. Die schönsten Insekten im Land sind natürlich die Schmetterlinge – allen voran der handtellergroße metallisch glänzende Blue Morpho.

Zauberhaft sind auch die Kolibris. Am Eingang des Monteverde Nationalparks ist ein Café, dessen Betreiber die Vögelchen mit Zuckerwasser anlocken. Im Park selbst entdecken wir einen sogar einen Quetzal, den heiligen Vogel der Maya. Kermit-Fans sollten das „Ranario“ im Dorf besuchen. Dort werden Amphibien aller Art gezeigt – darunter der berühmte rotäugige Baumfrosch. Nicht nur in den Nationalparks wimmelt es vor Tieren: Unterwegs sehen wir u.a. Nasenbären am Straßenrand, Krokodile am Flussufer und einen Baum voller Leguane.

Krönender Abschluss der Reise ist ein Abstecher an die Pazifikküste. Die Stadt Quepos ist nicht allzu attraktiv. Dafür ist der benachbarte Manuel Antonio Nationalpark umso schöner. Am weißen Puderzuckerstrand tummelt sich eine Waschbärenbande, die sich an unseren Obstvorräten vergreifen will. In den Bäumen sitzen Kapuzineraffen, Faultiere und sogar ein Totenkopfäffchen (Pipi Langstrumpfs Herr Nilsson). Am letzten Tag segeln wir mit einem Katamaran zum Schnorcheln aufs türkisgrüne Meer hinaus.

Bei meinem zweiten Besuch sieben Jahre später mache ich auf dem Weg nach Panama einen Abstecher an die südliche Karibikküste und verbringe drei Nächte in Puerto Vieja de Talamanca. Das ehemalige Fischerdorf schafft das Kunststück, gleichzeitig verschlafen und quirlig zu sein. Es hat Hippie-Flair, überall wird Yoga angeboten. Aussteiger, Surfer und Rucksacktouristen mischen sich unter die Einheimischen und genießen die Strände. Der erste auf dem Weg Richtung Manzanilla an der Grenze zu Panama ist die Playa Cocles. Dort nehme beim Bamboo Surf Center eine Probestunde. Erwartungsgemäß ist Surfen nicht so leicht, wie es aussieht. Nachher bin ich total am Ende. Vom Baden in der Brandung kann ich trotzdem nicht genug kriegen. Der Sand ist etwas grobkörniger und deutlich dunkler, als in anderen Teilen der Karibik. Trotzdem findet er seinen Weg in jede Ritze.

In der Nähe befindet sich der Cahuita Nationalpark. Ohne Ranger Ricardo hätten wir wohl kaum Tiere gesehen. So kommen wir aus dem Staunen nicht heraus. Vor dem Eingang sitzen drei grüne Jesusechsen. Die beiden Männchen sehen mit ihrem Kopf- und Rückenschmuck wie Dinosaurier aus, das Weibchen hingegen ist schlichter. Viele Vögel lauern auf Krebse oder Fische. Eine kleine gelbe Viper mit Wimpern liegt zusammengerollt auf einem Blatt. Hübsch, aber gefährlich. Die Babys können ihr Gift noch nicht dosieren und beißen immer gleich voll zu. Direkt neben dem Weg treiben es zwei Hundertfüßler miteinander. Sie liegen übereinander und sehen wie ein Zweihundertfüßler aus. Ein kleiner schwarzgrüner Pfeilgiftfrosch hüpft ins Unterholz. Ein Vogel sitzt auf einem hängemattenartigen Nest. Zwei Kapuzineraffen-Männchen verteidigen mit gefletschten Zähnen ihr Revier und ihre Frau gegen einen Eindringling. Zudem hocken in den Bäumen zwei Brüllaffenfamilien, Waschbären und Faultiere, von denen sich eins sogar bewegt.

Absolut empfehlenswert ist auch ein Besuch im Jaguar Rescue Center, wo verletzte oder verwaiste Tiere aufgepäppelt und – wenn möglich – wieder in die Wildnis entlassen werden. in einem Glaskasten liegt ein Faultierbaby in eine Decke gewickelt und an einen Plüschteddy gekuschelt. Ein kleiner Tucan kräftigt mit Hilfe einer Freiwilligen seine Beine und strampelt mit den Flügelchen. ein Brülläffchen mit Windel turnt auf dem Rücken einer Pflegerin herum, die die Scheiben des Käfigs putzt. Daneben ein Bambi mit seiner Mutter. Sie haben fast alles, aber gerade keine Jaguare. Das Recsue Center bietet im nahen Regenwald La Ceiba, in dem sie ihre Tiere wieder in die Natur entlassen, eine Nachtwanderung an. Spontan buche ich sie. Ich bin die Einzige. Beim Essen taucht eine Wollbeutelratte namens Steffi auf, isst eine Weintraube und einen Grashüpfer und verschwindet wieder im Regenwald. Unter der Decke hockt eine Eule (ebenfalls ein Ex-Schützling). Unterwegs sehen wir viele Frösche, darunter den rotäugigen Baumfrosch, den großen Bull Frog und miauende Katzenfrösche. Außerdem Schlangen, wandernde Palmen (bewegen sich auf ihren Wurzeln durch den Wald), campende Fledermäuse (bauen sich ein Zelt aus Blättern), weitere Faultiere und als Höhepunkt einen Kinkajou (Wickelbär) namens Stanley, der sich an den Guide schmiegt. Wenn man ihn an der Fußsohle berührt, zuckt er etwas. Er ist kitzelig. Wie die Wollbeutelratte hat er ein weiches Fell. Weil er fast blind ist, kann er nicht freigelassen werden.

 

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Das wahre Hundeleben

In Deutschland gehören die Hunde einzelnen Menschen. Im Örtchen Tortuguero, das neben dem gleichnamigen Nationalpark zwischen einem Fluss und der Karibikküste liegt, hingegen gehören die Hunde dem ganzen Dorf. Oder besser gesagt: Das ganze Dorf gehört den Hunden. Sie hängen faul vor der Zimmertür ab, begleiten uns beim Strandspaziergang und wirken überhaupt sehr zufrieden. Von wegen „Hundeleben“! Für Vierbeiner gilt eben auch „Pura Vida“. Und „Leben und leben lassen“: Im tropischen Garten unseres Hotels in Sarapiquí lebt Boxer „Shrek“ friedlich mit Ente „Pete“ zusammen.

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Feige Würger
und andere Gewächse

Wer in Costa Rica einen Waldspaziergang macht, kommt sich sehr klein vor. Während ein Feigenblatt aus dem Mittelmeerraum menschliche Blöße nur knapp bedeckt, gibt es hier Sträucher, deren Blätter man als komplettes Kleid nehmen könnte. Ein besonders interessantes Gewächs ist die Würgefeige: Sie siedelt sich wie eine Orchidee als kleines Pflänzchen auf dem Ast eines großes Baumes an. Dann treibt sie Wurzeln nach unten und beginnt, ihren Wirt zu überwuchern. Dieser erstickt irgendwann – zurück bleibt ein Urwaldriese mit hohlem Stamm. Wir sehen ein Exemplar, in dem ausgewachsene Menschen wie in einem Kamin hochklettern können. In der Nähe von Sarapiquí besuche ich eine Kakaoplantage und bin überrascht, dass die Schoten nicht wie Kaffeebohnen an Sträuchern, sondern an Bäumen wachsen (und zwar direkt aus dem Stamm).

Hautnah erlebt man die Urwaldriesen beim „Ziplining“, was ich im Bergregenwald beim Dorf Monteverde ausprobiere. Dieses spezielle Vergnügen wurde in Costa Rica erfunden. Über Drahtseile gleitet man an einer Rolle von Baum zu Baum. Der Blick aus den Kronen ist herrlich, aber nichts für Leute mit Höhenangst: Das längste Seil (über einen Kilometer) führt z.B. quer über eine Schlucht.

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Öffentlicher Personennahverkehr

Wo es geht, sind wir sind im Land mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. An einer ziemlich entlegenen Stelle muss die Gruppe von einer kleinen Fähre in einen klapprigen Linienbus umsteigen. Wir schleppen das Gepäck eine schlammige Böschung hinauf über den pfützenübersähten Vorplatz einer Bananenplantage – kein Bus! „Der ist schon abgefahren“, erfahren wir. „Der Nächste geht in etwa vier Stunden.“ Betretenes Schweigen: Was sollen wir hier bloß so lange machen? Das einzige Gebäude ist eine Wellblechbaracke. Und es sieht schon wieder nach Regen aus. Entschlossen geht eine Frau zum Telefon, das an der Wand hängt. Sie redet sehr schnell und sehr laut. Keine Ahnung, was sie sagt, doch es wirkt: Zehn Minuten später kommt der Bus zurück und der Fahrer lässt alle einsteigen, als sei nichts gewesen.

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TANSANIA 🇹🇿 

Reiseroute 2010

KENIA 🇰🇪  – Mto Wa Mbu (Dorf in Nordost-Tansania in der Nähe der Stadt Arusha: Einblick ins Alltagsleben, Besuch lokaler Künstler) – Karatu („Basis“ für die Jeep-Safari) – Serengeti National ParkNgorongoro KraterMoshi (Straßenkinderprojekt) – Marangu (Besichtigung des nahe gelegenen Mshiri Village am Fuß des Kilimandscharo) – Lushoto (Kleinstadt in den Usambara-Bergen: Wanderung durch die Umgebung zum Irente-Aussichtspunkt) – Dar es Salaam (Hafenstadt) – Sansibar (Insel 35 Kilometer vor der Küste)

Jeep-Safari:
Auf du und du mit Kudu & Gnu

Bei Tansania denkt man zuerst an die weiten Grassavannen der Serengeti und des Ngorongoro Kraters, voll mit Huftieren und Raubkatzen, die drumherumschleichen. Eigentlich ist unsere Gruppe mit einem Truck namens „Claudia“ (nach Frau Schiffer) im Land unterwegs. Für die Safari steigen wir in Jeeps um. Nach und nach wird fast alles auf der Liste als „haben wir live in freier Natur gesehen“ abgehakt – Löwen, Giraffen, Nilpferde, Zebras, Büffel, Gnus, Gazellen, Antilopen, Strauße, Schakale, Warzenschweine, Klippschliefer, Zwergmangusten, Colobus-Affen… Nur ein Leopard will sich nicht zeigen. Die Tiere sind von den Touristen auf Rädern völlig unbeeindruckt. Manche allerdings scheinen sich extra in Pose zu werfen: Geparden z.B. stellen sich gerne auf Hügel.

Ein besonderes Erlebnis ist das Campen mitten im Serengeti National Park. Der Platz ist nicht eingezäunt, also werden wir gewarnt: „Lasst bloß nichts Essbares im Zelt liegen. Sonst kommen die Paviane und brechen ein.“ Hinter den Waschräumen zieht eine Elefantenherde vorbei und beim nächtlichen Gang zur Toilette schrecke ich eine Hyäne auf, die gerade die Mülltonnen durchsucht.

 

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Savannen, Berge
und Traumstrände

Aber Tansania besteht nicht nur aus sonnenverbrannten Grasebenen: Als Gegensatz bietet das Land z.B. saftig grüne Landschaften am Fuße des Kilimandscharo mit Wäldern, Reisfeldern und Bananenplantagen. Sehr idyllisch sind auch die Usambara-Berge. Nach der Ruhe dort ist die Hafenstadt Dar es Salaam (auch wenig schmeichelhaft „Dar es Slum“ genannt) ein Kulturschock. Wer in diesem Verkehrschaos Auto fährt, braucht Engelsgeduld, eiserne Nerven und eine laute Hupe. Wenn man es allerdings durch die Straßen bis zur Fähre schafft, gibts eine Belohnung – Sansibar!

Das Schiff legt direkt im historischen Zentrum von Sansibar-Stadt an: Stone Town (Weltkulturerbe!) mit engen, verwinkelten Gassen, in denen sich sogar unsere Reiseleiterin noch verläuft. Im Inselinneren besichtigen wir eine der berühmten Gewürzplantagen (Ich weiß jetzt, wo der Pfeffer wächst – auf Bäumen). Zum Schluss gehts an die Nordküste nach Nungwi. Nach einem abenteuerlichen Camping-Trip ist es ein unglaubliches Gefühl, faul am Kalenderfoto-Strand zu liegen und den Staub im türkisblauem Wasser voller bunter Fische abzuwaschen.

 


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Volkskunst:
geschnitzt, gemalt, gebastelt

Souvenirs, Souvenirs? An wunderschönen Mitbringseln besteht in Afrika kein Mangel. Jeder dort scheint künstlerisches Talent zu besitzen. Weil es so viele verschiedene Völker oder Ethnien gibt (allein in Tansania leben 128), ist die Vielfalt ungeheuer groß: Bemalte Bananenblätter, gebatikte Stoffe, Perlenarmbänder, Ketten aus Tierknochen oder Samen, farbenfrohe Tingatinga-Bilder, Stein-Skulpturen, Strickschals aus Schafwolle…

Plastikteile „made in China“ gibts allenfalls im Flughafenshop, denn in der Regel werden Naturmaterialien verarbeitet. Besonders originell ist der Stoff, aus dem die Frauen in einem kenianischen Dorf am Lake Nakuru Schmuck machen: Altpapier! Ausgelesene Zeitschriften kann man hier gerne entsorgen. Die werden in keilförmige Streifen geschnitten, zu Kugeln gerollt und in Leim getaucht. Ohrringe & Co. aus Geschichten… Manchmal erzählen die handgefertigten Stücke sogar selbst Geschichten: Ob Götter aus der Mythologie oder Tiere der Savanne – die Makonde aus dem südöstlichen Tansania z.B. halten ihre Erinnerungen und Träume in Ebenholz fest. Schon die Kleinsten lernen hier das Schnitzen. Häufig kann man den Künstlern bei der Arbeit über die Schulter sehen – und ihre Werke direkt vor Ort kaufen (z.B. in Mto Wa Mbu). Wenn man sich an die Spielregeln hält, sind die Preise meist recht günstig.

 

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„So geht das nicht:
Du musst handeln!“

Wer kennt nicht die legendär-lustige Szene aus „Das Leben des Brian“: Der Titelheld ist auf der Flucht vor römischen Soldaten, will zur Tarnung auf einem orientalischen Markt schnell einen falschen Bart erwerben – und wird vom Verkäufer brutal ausgebremst: „So geht das nicht: Du musst HANDELN!“ Ich habe das immer für einen Witz gehalten – bis ich sowohl in Kenia, als auch in Tansania Ähnliches erlebt habe.

In einen Laden gehen, das Gewünschte greifen, bezahlen und rausgehen? Oder erstmal in Ruhe umsehen? Nicht landestypisch (außer in exklusiven Touristen-Shops)! An der Ware steht in der Regel kein Preis. Meist kommt man als Kunde auch gar nicht dazu, danach zu fragen: Ostafrikanische Verkäufer wittern potentielle Beute schon von weitem. Dann verlassen sie ihren Marktstand oder sogar ihr Geschäft und schleichen sich mit einem strahlenden Lächeln von der Seite an: „Hallo, wie gehts? Willkommen! Wo kommst Du her? Wie heißt Du? Guck mal, was ich anzubieten habe!“ Ein freundliches „Hapana, asante“ (Suaheli für „Nein, danke“) als Antwort rettet das Opfer nicht. Schließlich ist das die klassische Eröffnung beim „Du musst HANDELN“-Spiel. Ungerührt schwärmt der Verkäufer von der Ware („Habe ich selbst gemacht!“). Zugegebermaßen sind die meisten angebotenen Sachen tatsächlich sehr schön (s.o.). Das Argument „Gefällt mir, aber ich habe dasselbe schon bei einem Kollegen gekauft“ wird geflissentlich ignoriert. Und wenn man beim Gang über einen Markt als Beweis sämtlichen zuvor woanders erworbenen Schmuck trägt, wird der Händler garantiert etwas dazu Passendes finden und einem gleich überstreifen.

Jetzt gibt es kein Entrinnen mehr. Das HANDELN beginnt und läuft ungefähr nach diesem Muster ab:
Verkäufer: drückt sich zunächst davor, einen exakten Preis für die Ware zu nennen – „Wenn Du zwei davon kaufst, wird es billiger.“
Kunde: zögert – „Naja, was soll das denn nun kosten?“
Verkäufer: nennt einen lächerlich hohen Preis
Kunde: kontert mit einem lächerlich niedrigen Preis
Verkäufer: gekränkt – „Aber ich muss von dem Geld meine ganze Familie ernähren!“
Kunde: kriegt ein schlechtes Gewissen und bietet etwas mehr
Verkäufer: nicht mehr ganz so gekränkt – geht mit dem Preis etwas herunter
Die letzten beiden Schritte wiederholen sich, bis sich beide geeinigt haben.
Verkäufer: verschwörerisch – „Das ist nun wirklich ein Sonderpreis. Nur für Dich: Du bist nämlich heute mein erster Kunde.“ (Passt immer, notfalls auch spätabends.)
Kunde: „Oh, ich habe nur einen großen Schein.“
Verkäufer: „Macht nichts. Als Wechselgeld könntest Du doch noch dieses hübsche Armband nehmen…“

Viele Händler haben übrigens weder einen Laden, noch einen Marktstand, sondern bieten ihre Waren direkt auf der Straße an (oder an vermeintlich einsamen Aussichtspunkten mitten in der Wildnis). Busse oder Jeeps werden sofort von ihnen umringt. Wer will, kann in Ostafrika sämtliche Einkäufe durchs Autofenster tätigen: Erhältlich sind nicht nur Lebensmittel (Wasser, Obst, Nüsse, gefüllte Teigtaschen…) oder Zeitungen, sondern auch Kunsthandwerk, Schmuck, T-Shirts, CDs (inkl. live vorgesungener Kostproben) und sogar Eisenwaren oder Bürsten. Dienstleistungen wie Stadtführungen, Taxis oder Heiratsanträge werden ebenfalls bereitwillig offeriert.

P.S. Wenn man wirklich nichts kaufen will, gibt es nur einen Trick, Händler abzuschrecken: Ein paar kleine Münzen vorzeigen und bedauernd erklären: „Mehr Geld habe ich wirklich nicht bei mir. Alles schon ausgegeben.“

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Fußball – der König von Tansania

Während der Rundreise durch Ostafrika besucht unsere Gruppe auch mehrere soziale Projekte, die von der Stiftung des Veranstalters (und automatisch von jedem, der den Trip bucht) unterstützt werden. Besonders in Erinnerung bleibt das Amani Children’s Home (www.amanikids.org), eine Einrichtung, die Straßenkindern aus der Stadt Moshi ein Dach über dem Kopf und eine Ausbildung bietet. Die Kids besitzen kaum etwas, aber sie haben eine Leidenschaft: Fußball! Traditionell tritt ihr Team immer gegen die Besucher an. Für unsere Mannschaft vereinen die rivalisierenden Fußball-Nationen England, Deutschland, Irland, Schottland, Litauen und Griechenland sowie die eigentlich eher Football spielenden Länder USA, Kanada und Australien ihre Kräfte. Die Gegner sind im Schnitt ein bis zwei Köpfe kleiner als wir und z.T. barfuß. Trotzdem müssen wir uns mit 4:6 geschlagen geben.

Nicht nur die Amani-Kids lieben diese Sportart: Überall in Ostafrika kann man Fan-Shirts europäischer Teams kaufen. So trifft ein Londoner Mitreisender in einem Dorf einen Mann im Trikot der „Three Lions“. Oft sieht man auf winzigen Hütten riesige Satellitenschüsseln, über die die Bewohner die Spiele der englischen Liga mitverfolgen.

 

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Kikwete is watching you

Kaum haben wir die Grenze von Kenia nach Tansania überquert, fällt auf, dass an praktisch jedem Haus ein Plakat mit demselben freundlich lächelnden Mann hängt. Naheliegende Frage: Wer ist das? Es ist der amtierende Präsident Jakaya Kikwete von der früheren sozialistischen Einheitspartei CCM. Demnächst sind Wahlen, und er möchte sein Amt gerne behalten. Gegenkandidaten gibts auch, aber die sieht man nirgendwo. Kein Wunder also, dass Mr. Kikwete kurz darauf die Wahl gewinnt – allerdings mit „nur“ 61 Prozent.

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HOME, SWEET HOME

KENIA 🇰🇪 

Reiseroute 2010

NairobiLake Nakuru National ParkLake Naivasha (Hell’s Gate National Park) – Loita Hills (Besuch im Massai-Dorf) – Masai Mara (Ballonfahrt über die Savanne) – Nairobi – TANSANIA 🇹🇿 

Nairobbery? Halb so wild!

Die Reise nach Kenia und Tansania ist mein erster Trip nach Afrika. Die Vorstellungen von dem Kontinent schwanken zwischen den paradiesischen Landschaftsaufnahmen aus Kinofilmen wie „Jenseits on Afrika“ und „Hatari“ sowie schrecklichen Nachrichtenbildern von Hungersnöten und Massakern. Im Reiseführer steht über Kenias Hauptstadt, dass sie wegen der hohen Kriminalitätsrate „Nairobbery“ genannt wird, und dass zwei Drittel der drei Millionen Einwohner in Slums leben. Dementsprechend lande ich mit gemischten Gefühlen auf dem Flughafen, der einen mit 70er-Jahre-Charme empfängt. Nach den strengen Sicherheitsvorkehrungen auf europäischen Flughäfen irritiert die Tatsache, dass in der Halle der unklimatisierten Gepäckausgabe zwecks Lüftung die Türen zum Rollfeld weit offen stehen.

Auf der anderen Seite ist selbst unser eher einfaches Hotel von hohen Zäunen umgeben und wird von uniformierten Männern bewacht. Trotzdem versichert der einheimische Tourguide, dass man (zumindest tagsüber) gefahrlos allein durch das Zentrum der Metropole laufen kann (wenn man sich nicht gerade mit Gold und Brillanten behängt). Also tue ich es und stelle fest: Nairobi ist vielleicht nicht die schönste Stadt der Welt, aber eheblich besser als ihr Ruf.

In der Mitte gibts unerwartet viel Grün und schon im Vorort Langata liegt der erste Nationalpark. Am Eingang befindet sich der (sehr empfehlenswerte) Safari Walk – ein Mix aus Zoo und botanischem Garten, in dem die verschiedenen Landschaftstypen Kenias mit ihrer Tierwelt vorgestellt werden. Ein guter Überblick zum Einstieg! Ebenfalls in Langata befindet sich der berühmteste Platz für Kenias Nationalgericht „Nyama Choma“ (gebratenes Fleisch): das Restaurant „Carnivore“ – defintiv nichts für den kleinen Hunger oder für Vegetarier. Neben Rind oder Hühnchen vom Grillspieß gibts hier auch Exotischeres wie Krokodil.

 

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Arm an Geld, reich an Lebensfreude

Auch andere Klischees werden vor Ort relativiert: „Die ganze Armut – ist das nicht furchtbar deprimierend?“ werde ich nach der Reise gefragt. Nein! Zwar müssen die meisten Kenianer mit einem Einkommen von weniger als 1 US-Dollar pro Tag auskommen und können sich nur gelegentlich „Nyama Choma“ leisten. Unterernährte Menschen sind dennoch im Süden des Landes die Ausnahme: Das moderate Klima liefert genügend Zutaten für traditionelles, einfaches Essen wie den Maisbrei „Ugali“, immer frisches Obst und Wasser. (Im trockenen Norden Kenias soll es allerdings ganz anders aussehen.)

Weniger Geld, mehr Zeit: Im Vorbeifahren sehen wir sehr einfache Hütten – deren Bewohner unserem Truck fröhlich zuwinken. Beim Gang durch die Dörfer kommen Kinder ohne Schuhe angelaufen – mit einem strahlenden Lächeln auf dem Gesicht. Fast alle Ostafrikaner, die wir treffen, wirken gelassen und zufrieden – und erwecken damit eher Neid als Mitleid.

Zudem ist Kenia (ebenso wie Tansania) ein für afrikanische Verhältnisse politisch relativ stabiler und demokratischer Staat, in dem eine Vielzahl unterschiedlicher Völker friedlich zusammenlebt. Sicher hat das Land große Probleme – das Schul- und Gesundheitssystem ist ziemlich katastrophal, Korruption in der Verwaltung weit verbreitet. Doch viele Privatinitiativen sorgen für Verbesserungen im Kleinen: Immer wieder sehen wir, wie sich die Landbevölkerung mit einfachen Mitteln und viel Engagement selbst hilft. Oft sind es die Frauen eines Dorfes, die ihren Familien ein Zusatzeinkommen verschaffen, indem sie z.B. gemeinsam einen Teich zur Fischzucht anlegen oder Schafwolle spinnen, daraus Schals und Socken stricken und an die Besucher verkaufen.

 

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TIA

Der Truck, mit dem unsere Reisegruppe unterwegs ist, fährt sich gleich auf dem ersten Campingplatz mit einem Hinterrad im Schlamm fest. Ein paar Tage später bleibt er in den Weiten der Masai Mara in einer Bodensenke stecken. Nach einer stundenlangen, staubigen Fahrt und dem schweißtreibenden Aufbau meines Zeltes steuere ich das Waschhäuschen des Campingplatzes an und habe die Auswahl zwischen drei Duschen: Die Rechte liefert nur kochend heißes Wasser, die Linke ist eiskalt und die in der Mitte funktioniert gar nicht. In solchen Situationen macht man es am besten wie die Einheimischen: Die Schultern zucken und „TIA“ („This is Africa“) sagen. „Hakuna matata“ (bloß keinen Stress)! Aufregen bringt nichts. Meckern genauso wenig. Perfektionisten könnten schon im Hotel in Nairobi eine ansehliche Fehler-Liste erstellen („Die Badezimmertür klemmt, die Balkontür auch, die Bettwäsche ist fleckig, der altersschwache Boiler streikt…“). Das Personal würde geduldig zuhören, sich freundlich entschuldigen und denken: „TIA!“

„TIA!“ heißt übrigens nicht, dass in Afrika grundsätzlich nichts klappt. Viele Dinge funktionieren vielleicht nicht, wie sie sollen, aber auf wundersame Weise anders. Und immer geht es irgendwie weiter: Unseren Truck kriegen wir beide Male mit Hilfe eines Treckers bzw. Jeeps und gemeinsamem Anschieben wieder flott. An kalte Duschen gewöhnt man sich mit der Zeit: Das härtet ab und allzu häufiges und langes Duschen ist eh nicht gut für die Haut. Mit leiser Schadenfreude erfahren wir, dass das „Sorry, heute gibts leider kein heißes Wasser“-Phänomen wenigstens keine Klassenunterschiede macht: Eine Luxuslodge in der Serengeti, in der eine Übernachtung 400 Dollar kostet, ist genauso davon betroffen wie unser Buschcampingplatz.

„TIA“ macht manchmal sogar das in Europa Unmögliche möglich. Ein Beispiel dafür erlebe ich gleich am ersten Tag. Ich besichtige das Animal Orphanage am Eingang des Nairobi Nationalparks. Dort werden verletzte oder verwaiste Tiere aufgepäppelt. Wenn möglich werden sie wieder ausgewildert, wenn nicht, in Gehegen gehalten. Ein Zoowärter nähert sich unauffällig und spricht mich an. Nach etwas Small Talk fragt er plötzlich: „Hast Du schon mal einen Geparden gestreichelt?“ „Nein.“ „Willst Du?“ „Darf ich???“ Der Wärter steigt über den kleinen Begrenzungszaun vor einem Geparden-Gehege und bedeutet mir, ihm zu folgen. Direkt am Maschendrahtzaun liegt eine der Raubkatzen. „Fass ruhig durch“, ermutigt mich der Wärter. Die Gepardin – ihr Name ist Sharon – leckt mir mit ihrer Reibeisenzunge die Hand.

Aber der Wärter hat noch mehr zu bieten. Er deutet auf ein anderes Gehege mit drei Geparden-Schwestern im Teenager-Alter: „Mit denen kann man sich fotografieren lassen. Allerdings ist das ziemlich teuer und man muss sich vorher im Büro anmelden. Naja, der Boss guckt gerade nicht. Mal sehen, ob mein Kollege Zeit hat. Warte kurz…“ Ehe ich michs versehe, befinde ich mich bei den Raubkatzen im Gehege und kraule eine von ihnen im Nacken, während der Wärter mit meiner Kamera fotografiert.

Mein zunächst schüchtern angebotenes Trinkgeld nehmen die Beteiligten gerne an (das wurde wohl erwartet). So sind am Ende sind alle zufrieden: Ich weiß jetzt, wie sich eine Gepardin anfühlt (nicht so weich wie sie aussieht, sondern mehr wie ein Rauhaardackel) und besitze ein tolles Erinnerungsfoto. Die Tierpfleger haben sich etwas nebenbei verdient. Und die Gepardin? Gibt mit einem tiefen Schnurren, das den Boden vibrieren lässt, zu verstehen, dass auch sie von dem System profitiert.

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Immer erreichbar

In Deutschland ist dan Mobilfunknetz stellenweise löcherig wie ein Schweizer Käse – wer z.B. schon einmal versucht hat, zwischen Bremen und Osnabrück zu telefonieren oder mobil zu surfen, weiß wovon ich rede. Das ist in Ostafrika anders: Selbst mitten in der Wildnis der Masai Mara steht ein elegant als Baum getarnter Sendemast.

Dementsprechend gibt es praktisch überall einen Top-Empfang, was auch die Einheimischen zu schätzen wissen: Im abgelegenen Massai-Dorf erzählt der Älteste gerade von der Kultur seines Volkes, als unter seiner traditionellen Kleidung (farbenfrohe, raffiniert gewickelte Baumwoll-Decken) ein Handy klingelt. Da es in der Gegend keinen Strom gibt, muss er es zum Aufladen in den nächsten größeren Ort bringen. Dort gibt es extra einen Shop für diesen Zweck.

Ein echt „kuhles“ Dorf

Der Besuch im Massai-Dorf ist eines der absoluten Highlights der Woche in Kenia. Es liegt äußerst idyllisch in den Loita Hills, von denen man bis in die Ebene der Masai Mara blicken kann. Unsere kleine Gruppe (21 Leute) campt ganz allein auf einer Wiese – ein Bach fließt an den Zelten vorbei, Bäume spenden Schatten. Als es dunkel wird, wachen drei Krieger mit Speeren bewaffnet am Lagerfeuer, damit keiner von wilden Tieren gefressen wird. „Erschreckt Euch nicht, wenn Ihr nachts mal auf die Toilette müsst. Sie werden Euch diskret folgen, um sicherzugehen, dass Euch nichts passiert“, erklärt unser Tourguide.

Bei der Besichtigung des nahen Dorfes erfahren wir viel über das stolze Volk, dessen Kultur hier noch nicht vom Massentourismus verdorben wurde. Wer im Mittelpunkt steht, wird schon an der Architektur klar: Rinder! Die traditionellen Lehmhütten gruppieren sich rund um einen großen Platz, auf dem die Tiere abends zusammengetrieben werden. „Wem gehören in Eurem Land die Kühe?“ fragt der Dorfälteste verschmitzt. „Den Bauern.“ Falsch: „Den Massai! Alle Kühe auf der Welt gehören den Massai.“ Auch wir dürfen beim Melken mit Hand anlegen, was gar nicht so einfach ist. Während ich versuche, etwas Milch aus dem Euter abzuzweigen, spüre ich plötzlich etwas Warmes, Weiches an meiner Hand. Es ist das Maul eines Kälbchens, das seine Quelle nicht mit mir teilen will. Nach wie vor wird Reichtum eines Massai an der Größe seiner Herde gemessen. So kriegt ein Mann ohne Kühe keine Frau. Der Älteste im Nachbardorf hingegen hat sehr viele Kühe, elf Frauen und 62 Kinder. Der Chief, der uns herumführt, ist immerhin mit sechs Frauen verheiratet (eine für Montag, eine für Dienstag… Sonntag ist frei) und Vater von 48 Kindern. (P.S.: Gleichberechtigung gibts bei den Massai nicht.)

Obwohl in Kenia eigentlich Schulpflicht herrscht, macht der Staat für die Massai eine Ausnahme. Alle Kinder zur Schule zu schicken (Uniformen, Bücher), wäre für eine Familie unbezahlbar. Außerdem werden die Kinder als Helfer beim Hüten der Kühe und Ziegen dringend gebraucht. So schicken die Eltern nur die Aufgewecktesten zur Schule. Manche studieren anschließend, nehmen Jobs an, ziehen in die Stadt und wohnen im westlichen Stil. Wenn sie allerdings in ihre Heimat zurückkehren, müssen sie sich wieder der Tradition anpassen. Wie der Dorfälteste, der zwischenzeitlich selbst als Tourguide für Reisegruppen arbeitet und somit parallel in zwei völlig verschiedenen Welten lebt.

Hausbau ist übrigens Frauensache. Die Behausungen ohne Strom und Wasser und mit einem Dach aus getrocknetem Kuhdung mögen einfach sein, aber der Chief sagt: „Dafür zahlen wir keine Miete. Wir sind unabhängig.“ Die Massai leben immer noch halbnomadisch: Nach ein paar Jahren geben sie das Dorf auf und bauen sich an anderer Stelle ein Neues. Für campende Besuchergruppen haben sie Verständnis: „Ihr seid ebenfalls Nomaden.“

Empfangen werden wir bei den Massai üblich: Zur Begrüßung versammeln sich alle auf dem Dorfplatz. Die Frauen tanzen und singen, schließlich werden die weiblichen Gruppenmitglieder zum Mitmachen aufgefordert. Am nächsten Tag sind die Männer an der Reihe. Beim Tanzen springen die jungen Krieger so hoch sie können. Einer fällt dabei besonders auf: Er trägt einen hohen Hut – aus Löwenmähne. Den darf nur derjenige aufsetzen, der die Raubkatze eigenhändig (lediglich mit den traditionellen Waffen!) erlegt hat, was selten gelingt und hohes Ansehen verleiht. Die Krieger haben sich die Haare mit Ocker gefärbt. Meine ebenfalls unnatürlich roten Haare faszinieren sie, denn für Massai-Frauen ist das Färben absolut unüblich. „Naja“, sage ich: „Irgendwie bin ich auch Kriegerin.“

 

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Give me „Big Five“

54 Nationalparks und Reservate gibt es in Kenia (insgesamt zehn Prozent der Landesfläche). Drei davon besuchen wir: Lake Nakuru National Park, Hell’s Gate National Park und Masai Mara National Reserve. Wie alle Safari-Reisenden wollen wir u.a. die „Big Five“ (Löwe, Nashorn, Büffel, Elefant und Leopard) in freier Wildbahn sehen.

Meine ganze Kindheit hindurch hat mich ein Plüschtier namens „Nosie“ begleitet. Dementsprechend habe ich ein besonderes Verhältnis zu den Dickhäutern. Im Lake Nakuru National Park können wir neben zig Breitmaul- sogar eins der seltenen Spitzmaul-Nashörner beobachten. Einen ungewöhnlichen Anblick bieten auch zwei Löwinnen. Die haben es sich auf einem Baum direkt neben der Straße gemütlich gemacht und lassen faul die Pfoten baumeln. Die berühmten Flamingo-Massen des Schutzgebietes hingegen erblicken wir nur als pinkfarbene Wolke aus der Ferne. Da es in der „Trockenzeit“ 2010 ungewöhnlich viel geregnet hat, ist das Seeufer zu schlammig für unseren schweren Truck.

 

Obwohl er gar nicht so weit entfernt ist, sieht die Landschaft am Lake Naivasha wieder ganz anders aus. In unmittelbarer Nähe unseres Campingplatzes leben Flusspferde. Die Vegetarier sind als Menschenkiller bei den Einheimischen gefürchteter als alle Raubkatzen zusammen: In der Dunkelheit kommen sie zum Grasen aus dem Wasser. Wenn dann etwas zwischen ihnen und ihrem Element steht, wird es gnadenlos plattgemacht. Weitaus eleganter bewegt sich der König des Gewässers: Bei einer Bootsfahrt lockt der Kapitän mit Fischen einen Seeadler an, der sich im Sturzflug seine Snacks holt. Der nahe gelegene Hell’s Gate National Park ist einer der wenigen, die man zu Fuß erkunden darf. Hier gibts nämlich weder Löwen, noch Nashörner. Dafür treffen wir u.a. ein 17 Tage altes Giraffenbaby, das uns mit großen Kulleraugen anstarrt.

 

Die berümten riesigen Tierherden sehen wir in der Masai Mara. Zur Zeit der Reise (September) befinden sich rund zwei Millionen Gnus, Gazellen und Zebras dort, die von der Serengeti herübergewandert sind. Nicht alle schaffen es: Geier fressen gerade einen Gnu-Kadaver – von innen! Der lange Hals eines Vogels verschwindet dabei völlig im Hintern des Kadavers. Das gibt dem Ausdruck „jemanden in den Arsch kriechen“ eine völlig neue Bedeutung… Die Mitglieder der Reisegruppe sind sich einig: „Iiieh, wie eklig!“ – und fotografieren fleißig.

Teuer, aber unvergesslich ist eine Ballonfahrt bei Sonnenaufgang. Schon vor dem Start nähert sich eine Herde Elefanten. Anschließend gibts ein Champagnerfrühstück in der weiten Landschaft. In all den Naturdokus im Fernsehen wirkt die sonnenverbrannte Savanne heiß. Tatsächlich kann man selbst tagsüber oft einen Pullover gebrauchen: Das Ganze liegt fast 2000 Meter hoch! Zudem gießt es einen Nachmittag lang wie aus Kannen.

 

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HOME, SWEET HOME

ÖSTERREICH 🇦🇹 

Hohe Berge und schöne Kühe

Als Kind bin ich mit meinen Eltern immer in den Osterferien Ski gefahren, später mit Freunden etwas früher im März. Meistens war Österreich das Ziel (billiger als die Schweiz und näher als Frankreich oder Italien). Oft war ich im Gebiet von Sölden/Hochsölden (groß und mit Gletscheranbindung), aber auch schon in Ischgl (groß, aber ohne Gletscheranbindung), Lech am Arlberg (lawinengefährdet, wir mussten prompt einen Tag warten, um reinzukommen), Silvretta Montafon (vergleichsweise klein und niedrig) und Vent (sehr klein, mehr für Bergsteiger und Tourengeher geeignet als für Abfahrer).

Mein Lieblingsgebiet in Östereich ist jedoch der Hintertuxer Gletscher, das letzte Ganzjahresskigebiet der Alpen. Hier geht die Wintersaison bis Anfang Mai. Für mich ist das die perfekte Reisezeit. Das ewige Eis kühlt den Schnee von unten. Deshalb herrschen in der Regel noch Super-Verhältnisse auf den autobahnbreiten Pisten. Gleichzeitig ist es – sobald die Sonne rauskommt – von oben schon ziemlich warm. Trotzdem gibt es keine Schlangen mehr an den Liften. Am Anfang der Sommersaison hingegen wirds etwas zu leer im Tuxer Tal. Dann werden erstmal die Bürgersteige hochgeklappt, viele Restaurants schließen bis Ende Juni, der kostenlose Skibus fährt nicht mehr. Bizarre Felsen, weite Blicke bis in die Dolomiten: Auch landschaftlich ist der Hintertuxer Gletscher sehr schön. Auf der Sommerbergalm an der Mittelstation kann man Murmeltiere beobachten. Und bei schlechtem Wetter bietet sich ein Besuch in der Spannagelhöhle in der Nähe vom Tuxer Fernerhaus an. Leider habe ich mir 2014 am letzten Urlaubstag bei einem Sturz aus dem Stand (!) so schlimm das rechte Knie zerlegt, dass an Skifahren erstmal nicht mehr zu denken ist.

 

Empfehlenswert zum Wohnen ist Lanersbach. Die Unterkünfte sind nicht so teuer wie in Hintertux, und der Ort ist schöner. Hier gehts noch richtig zünftig zu. Einmal findet eine besondere Schönheitskonkurrenz statt. Unter den lokalen Kühen wird die „Miss Euter“ gewählt. Jedes Jahr am 1. Mai gehen die Männer in Tracht mit Kuhglocken durchs Dorf, um „das Gras herauszuläuten“. Aus Österreich stammt übrigens auch eines meiner schrägsten Mitbringsel: ein Plüsch-Bierkrug, der auf Knopfdruck jodelt!

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