Kleingruppen
Ich bin ein eher untypischer Touristentyp: Meinen Sommerurlaub mache ich im Winter, meinen Skiurlaub im Mai. Ich war noch nie auf Mallorca, dafür aber auf den Galapagosinseln. Pauschalreisen (zwei Wochen All-inclusive-Hotel mit Charterflug oder Rundfahrt im 60-Mann-Bus) sind also nichts für mich. Auf der anderen Seite ist es in vielen Ländern jenseits von Großstädten schwierig oder gar gefährlich, allein unterwegs zu sein. Für mich lautet der Ausweg aus dem Dilemma: Abenteuerreisen in kleinen Gruppen (max. 20 Personen)!
Das Angebot auf diesem sehr speziellen Markt ist erstaunlich groß: Man kommt selbst in die entlegendsten Winkel der Erde – wenns sein muss, bis in die Antarktis. Meist werden die Gruppen von einheimischen Reiseleitern begleitet, die wertvolle Insider-Tipps geben und alles organisieren. Was sehr hilfreich ist – vor allem, wenn man die Landessprache nicht beherrscht. Ironischerweise sorgt das Konzept „möglichst nah dran an Land und Leuten“ (z.B. Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, soweit vorhanden; Übernachtung in örtlichen Unterkünften statt in Hotels der üblichen Ketten) dafür, dass solche Trips vergleichsweise bezahlbar bleiben.
Eine in Israel lebende Neuseeländerin, ein österreichisch-iranisches Paar aus Alaska, in England wohnende Litauer und Ukrainer, ein kanadischer Inder… Häufig sind die Gruppen international bunt gemischt. Schon unter den Mitreisenden habe ich interessante Leute getroffen – wie den US-Navy-Offizier, der beim Anblick einer Fähre erklärt, dass er Schiffe hasst („Da werde ich seekrank!“). Oder die Chinesin, die wunderbar realistische Tierporträts zeichnet. Oder die bieder-brav aussehende Hautärtzin, die am Strand ihren komplett tätowierten Rücken präsentiert (und sich prompt einen Sonnenbrand holt).
Weil die Trips in der Regel englischsprachig sind, stammen die meisten Mitreisenden aus angelsächsischen Ländern. Wer es nun schräg findet, dass eine „very britishe“ Familie bei 45 Grad mitten im australischen Busch nach der Ankunft auf dem Campingplatz erstmal gepflegt Tee trinkt, sollte daran denken: Umgekehrt ist es nicht anders! Eine sehr aufschlussreiche Lektüre ist hier das Buch „CultureShock! Germany“, in dem der Amerikaner Richard Lord seine Landsleute über die Merkwürdigkeiten der deutschen Kultur aufklärt.
Die Feinheiten der englischen Sprache lernt man bei solchen Reisen nebenbei. So habe ich zum einen festgestellt, dass z.B. Engländer und US-Amerikaner oft untereinander ebensolche Verständigungsprobleme haben, wie Bayern und Hamburger. Und dass die englische Sprache oft zweideutiger ist, als die Deutsche. Immer wieder bringen Tier- oder Ortsnamen meine Mitreisenden zum Grinsen: Bei „Dik-Dik“ (kleine Antilopenart) verstehen sie „Schwanz-Schwanz“, bei „Bustard“ (Trappe) „Bastard“, bei „Boobie“ (Tölpel) „Titten“ usw. Kleiner Tipp für deutsche Männer namens „Jörg“: Tauft Euch lieber um in „Joe“ oder „Jack“ – sonst hören englische Muttersprachler „jerk“ (Wichser)…
Essen
Eigentlich bummele ich gerne über exotische Märkte und bewundere Früchte, die ich noch nie gesehen habe. Wenn ich allerdings an einem Fisch-, Fleisch- oder Geflügelstand vorbeikomme, wo sämtliche Fliegen des Ortes auf der ungekühlten Ware eine Riesenparty feiern, schwöre ich jedes Mal: „Für den Rest des Urlaubs bin ich Vegetarierin!“ Doch dann gehen abends die Grillfeuer an – und ich denke: „Naja, solange das alles gut durchgebraten ist…“
Carpaccio oder Sushi sind in den Tropen sicher nicht empfehlenswert. In Tansania sehe ich einmal einen Mann, der mitten auf der Dorfstraße über einem offenen Feuer in einer Pfanne Pommes brutzelt. Aus gutem Grund gibts die nur ohne Mayo. Meine Erfahrung: Die traditionellen Gerichte der Einheimischen (muss ja nicht gerade gegrillte Heuschrecke sein) kann man meist problemlos essen. Je mehr man versucht, sich in einem fremden Land wie zu Hause zu ernähren (Salat, Cola mit Eiswürfeln, kaltes Buffet), desto größer ist die Gefahr, sich etwas wegzuholen. Generell bin ich bisher mit der simplen Regel „Koch es, schäl es oder vergiss es“ gut gefahren.
Gesundheit
Gelbfieber! Malaria! Kleine Würmer, die sich durch die Haut bohren! Tropenkrankheiten will man sich natürlich nicht als Souvenir mit nach Hause bringen. Man sollte sich nicht verrückt machen lassen – aber vorher genau recherchieren, welche Impfungen nötig/sinnvoll sind und ob es sich beim Reiseziel um ein Malariagebiet handelt. Sicherheitshalber ins Gepäck gehören eine Reiseapotheke, nicht erst seit Corona Handdesinfektionsmittel (für öffentliche Toiletten), Insektenschutz (ev. zusätzlich Kleidung vorher einsprühen) und Wasserreinigungstabletten (für das Leitungswasser, ev. sogar zum Zähneputzen).
Sicherheit
Ist das nicht alles furchtbar gefährlich? Zugegeben: Man kann überall (auch in der Heimat!) durch einen unglücklichen Zufall zur falschen Zeit am falschen Ort sein. Aber mit etwas gesundem Menschenverstand lassen sich Risikosituationen vermeiden: Was ich schon zuhause nicht tue (z.B. als Frau nachts allein durch einen dunklen Park laufen) lasse ich auch woanders. Im jeweiligen Land erkundige ich mich bei den Leuten vor Ort nach der Lage (Kann ich hier zu Fuß durch die Straßen gehen oder sollte ich besser ein Taxi nehmen? Gibt es Ecken, die man ganz meiden sollte?). Weitere Sicherheitsmaßnahmen: Wichtige Papiere wie Pass und Ticket kopieren und getrennt von den Originalen aufbewahren (am besten zusätzlich scannen und an die eigene E-Mail-Adresse senden, sodass man übers Internet immer Kopien zur Verfügung hat), Bargeld verteilen (z.B. einen Teil im Geldgürtel transportieren), nur ein bisschen in der Börse haben (ev. auf Märkten Kleingeld in der Hosentasche bereithalten).
Armutsfaktor
Wie viele Fernreisende habe ich mich erstmal über westliche Länder (USA/Australien) und Schwellenländer (Malaysia/Costa Rica) vorsichtig an die sogenannten Entwicklungsländer herangetastet. Und schließlich festgestellt: Armut ist relativ! Ich finde es sehr einseitig, den Armutsfaktor eines Landes ausschließlich am Pro-Kopf-Einkommen festzumachen. Das ist klassisches BWLer-Denken. Um zu beurteilen, wie arm oder reich ein Land tatsächlich ist, sollte man drei weitere Faktoren einrechnen: den Friedensfaktor (Herrscht Bürgerkrieg oder Diktatur? Dürfen alle Volksgruppen ihren kulturellen Bedürfnissen entsprechend leben?), den Hungerfaktor (Sind die Einwohner unterernährt? Haben sie zumindest die Grundnahrungsmittel zur Verfügung?) und den Stressfaktor (Müssen die Menschen täglich ums nackte Überleben kämpfen und vielleicht sogar die Kinder zur Arbeit schicken? Oder gewinnen sie durch einen niedrigeren Lebensstandard auf der anderen Seite mehr Zeit und Gelassenheit?).