HONGKONG 🇭🇰 

Kommt einem
irgendwie chinesisch vor…

Ich besuche Hongkong 1996 eine Woche lang mit einer Kollegin und zwei Bekannten. Obwohl das Land zu dieser Zeit (bis 1997) noch britische Kronkolonie ist, sprechen erstaunlich viele Einwohner kein Wort Englisch. Lesen können wir außer Zahlen auch nichts. Vor allem das Essen in kleinen Restaurants (s.u.) und die Orientierung sind schwierig, denn die meisten Straßenschilder und Speisekarten gibts nur auf chinesisch.

Einmal wollen wir auf Hongkong Island mit dem Bus vom Fähranleger im Zentrum in den Vorort Stanley fahren. Das Umsteigen in Aberdeen ist eine haarige Angelegenheit: Wir irren ziellos zwischen diversen Haltestellen hin und her und wissen nun, wie sich Analphabeten fühlen. Bei Taxifahrten empfiehlt es sich, eine Visitenkarte mit der Hoteladresse auf chinesisch bereitzuhalten und einfach draufzuzeigen.

Wer übrigens Mandarin (Hochchinesisch) kann, hat in Hongkong leider auch Pech gehabt: Dort spricht man nämlich vorwiegend Kantonesisch. Und das ist offenbar ganz anders: Im Flugzeug jedenfalls werden englische Filme mit zwei Sätzen chinesischer Untertitel gezeigt.

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Stadt voller Kontraste

Bereits der Anflug auf die Stadt ist ein Erlebnis, denn wir landen noch auf dem 1998 geschlossenen Flughafen Kai Tak. Dessen einzige Start- und Landebahn ragt in die Bucht von Kowloon und endet abrupt im Meer. Also müssen die Maschinen direkt am Anfang aufsetzen und dementsprechend tief anfliegen. Dass man dabei den Anwohnern in die Zimmer gucken kann, ist nicht übertrieben.

Vor dem Rückflug sehen wir uns das Spektakel noch einmal von unten an. Merkwürdigerweise gibt es keine Besucherterrasse. Also begeben wir uns auf das Dach des Flughafen-Parkhauses. Ein lautes Dröhnen ertönt. Heftig blinkend fliegt ein Jumbo-Jet direkt über unsere Köpfe und verschwindet hinter dem Flughafengebäude. Dann noch einer. Noch einer… Vor dem Parkhaus befindet sich eine mehrspurige Schnellstraße, dahinter steht ein Apartmenthaus, das ein Makler wohl als „verkehrsgünstig gelegen“ anpreisen würde. Wer hier lebt, hat garantiert nicht mehr alle Tassen im Schrank. Vermutlich fällt auch regelmäßig der Schrank von der wackelnden Wand. Und falls mal jemand auf dem Dach Wäsche aufhängt, landet die nächste Maschine mit Socken am Fahrwerk.

Auch während des Aufenthalts haben wir Kai Tak ständig vor Augen: Unser Hotelzimmer liegt auf dem Festland und geht zur Kowloon Bay hinaus. Vom Fenster aus sehen wir alle paar Minuten die großen Vögel abwechselnd starten und landen. Der Abflug aus der Stadt ist ein weiteres Abenteuer: Die Piloten müssen die Maschinen schnell hochziehen und eine Kurve machen – sonst knallen sie gegen den Victoria Peak, den Berg auf der Hauptinsel.

Die Stadt wimmelt vor Menschen. Überall wird gebaut. Hier wachsen ganze Stadtviertel schneller aus dem Boden, als in Deutschland ein einzelner Carport. Selbst bei Wolkenkratzern bestehen die Baugerüste lediglich aus zusammengebundenen Bambusstangen. Die Arbeiter turnen – ohne Seil – auf den schwankenden Konstruktionen herum. Man kann gar nicht hingucken!

Nachdem wir die diversen Sehenswürdigkeiten im Zentrum abgeklappert haben, machen wir mit den Hafenfähren Ausflüge auf zwei Inseln. Obwohl es nicht weit ist, taucht man jeweils in eine völlig andere Welt ein. Auf Lantau Island besichtige ich das Kloster Po Lin mit seiner 34 Meter hohen Buddhafigur und das Fischerdorf Tai-O mit ursprünglichen Pfahlhäusern, die über einen Fluss gebaut sind. Klein und beschaulich ist Lamma Island. Hier erholen wir uns an einem ruhigen Badestrand vom Pflastertreten.

 

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Essen – aber bitte mit Stäbchen!

„Alles, was vier Beine hat und kein Stuhl ist, kommt in die Pfanne“, sagt man über die chinesische Küche. Ein Gang über einen Hongkonger Markt scheint dieses Klischee zu bestätigen. Gut, dass wir das erst am letzten Tag unseres Aufenthalts sehen… Unter anderem warten noch lebende, mit Gummibändern zusammengebundene Frösche auf hungrige Kunden. Wir gucken wohl etwas komisch. Der Verkäufer gestikuliert mit finsterem Blick: „Nicht fotografieren!“ In einem an der Vorderfront komplett offenen Geschäft gibts Hühnchen: Links befinden sich die gackernden Vögel im Käfig, in der Mitte werden sie gerupft und rechts hängen sie dann – ungekühlt in der Sonne.

Für Europäer mögen eingelegte, schwarze Uralt-Eier, Schwalbennester oder Ähnliches eklig wirken. Umgekehrt schütteln sich Chinesen, wenn sie Käse sehen – igitt: schlechtgewordene Milch! Das Essen in Hongkonger Gaststätten ist erheblich „chinesischer“ als das in deutschen China-Restaurants. Da ich außer den Preisen nichts entziffern kann, wähle ich Gerichte dort nach der Optik aus. Im Zweifelsfall: vegetarisch! Überall findet man neben Restaurants Straßenstände. Oft duftet das, was in den Woks auf offenem Feuer vor sich hin brutzelt, sehr verführerisch. Da dort sehr heiß gekocht wird, ist es hygienisch relativ unproblematisch. Auf dem Nachtmarkt wagen wir uns an einen Stand mit Seafood. Die Ware ist frisch: Sie befindet sich – noch lebend – in Eimern. Auf dem Boden wuseln Nager herum. Naja: Lieber Ratte unter dem Tisch, als Ratte auf dem Tisch! Und auf unseren Tellern liegen unverkennbar Shrimps.

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