AUSTRALIEN: NORDEN 🇦🇺

Reiserouten

Auf jeder meiner bisher drei Australienreisen habe ich im Norden Station gemacht:

1. Reise 2007

SÃœDEN â€“ MITTE – Cairns (Kreuzfahrt zum Great Barrier Reef und Rafting auf dem Tully River) – OSTEN

2. Reise 2008

Darwin – Kakadu Nationalpark (auf dem Weg: Krokodilbeobachtung in einem Billabong, Felszeichnungen am Ubirr Rock) â€“Katherine Gorge (auf dem Weg: Edith Falls) – Litchfield Nationalpark (Florence FallsWangi Falls, Baden in den Buley Rockholes) – Darwin (Tagesausflug nach Tiwi Island) – WESTEN

3. Reise 2009

MALAYSIA ðŸ‡²ðŸ‡¾ â€“ Cairns – Thursday Island (Hauptinsel der Torres Strait) – Cape York (die äußerste Nordspitze Australiens) – Bamaga –Twin Falls – Moreton Station – Weipa – Archer River – Coen – Musgrave – Lakefield Nationalpark – Cooktown – Cape Tribulation – Daintree Nationalpark – Port Douglas – Cairns

Wo die alte Kultur noch lebendig ist

6atiwipeople1Der Norden Australiens ist ziemlich unzugänglich und steht außerdem in der Regenzeit (also den ganzen Sommer über) unter Wasser. Im Westen ist Wüste. Kein Wunder also, dass sich die Kolonialherren nach der Entdeckung des Kontinents lieber im Süden und Osten angesiedelt haben. Während die Ureinwohner in diesen Regionen verdrängt wurden, gibt es im Norden und Westen Aboriginal People, die ihre Traditionen und Sprachen bewahrt haben. Sie können heute noch die tausende von Jahren alten Felszeichnungen ihrer Vorfahren erklären.

Besonders interessant ist ein Besuch auf Tiwi Island, das etwa 100 Kilometer vor der Nordküste liegt. Unsere Reisegruppe fliegt mit zwei winzigen Propellermaschinen von der Stadt Darwin aus dorthin. Die Piloten höchstpersönlich fertigen die Reisenden in einer kleinen Baracke ab und wiegen jeden. Gewichtsmäßig gut verteilt klettern jeweils ein Pilot und fünf Passagiere Ã¼ber die Tragflächen in die Kabinen. Weil es keine Klimaanlage gibt, reißt unser Pilot direkt nach der Landung noch beim Ausrollen die Tür auf.

Auf der Hauptinsel nehmen uns die Tiwi People in Empfang. Vor Ort kann man fantastische Schnitzereien, Bilder und Stoffe von lokalen Künstlern kaufen. Im Preis inbegriffen ist ein Einblick in die einzigartige Kultur. Von Seiten der Mutter erbt jeder Tiwi sein Totem-Tier (z.B. Krokodil, Gans). Passend dazu gibts Tänze, Gesänge und die entsprechende Gesichtsbemalung. Einige Dorfbewohner führen es uns vor. Tatsächlich lässt sich – selbst wenn man den Liedtext nicht versteht – erkennen, um welches Tier es sich jeweils handelt. Vom Vater erbt jeder Tiwi seine Skin Group. Die hat nichts mit Hautfarbe zu tun, sondern mit Blutsverwandtschaft. Da Inzest bei den Aboriginal People generell ein großes Tabu ist und früher sogar mit dem Tode bestraft wurde, existieren bei den Tiwi strenge Regeln für den Umgang zwischen erwachsenen Männern und Frauen verwandter Skin Groups. „Wenn ich meine Schwester auf der Straße sehe, darf ich sie nicht mal grüßen“, sagt unser Guide.

Die Tiwi sind die einzigen Ureinwohner Australiens, die bei Beerdigungen Totempfähle aufs Grab stellen. Zuvor spricht ein katholischer Priester seinen Segen. Gleichzeitig die uralte Religion der Ahnen und den neuen Glauben der Missionare zu praktizieren, ist für die Tiwi kein Widerspruch. Doppelt hält eben besser… Dementsprechend befinden sich in der Dorfkirche neben den klassischen christlichen Symbolen Darstellungen der Totem-Tiere. Ähnliche Vermischungen habe ich später in der Karibik, in Afrika, Mittel- und Südamerika gesehen. So haben z.B. die Maya beim Bau einer Kathedrale in Antigua (Guatemala) traditionelle Elemente ihrer Religion in die barocke Fassade geschmuggelt.

Faszinierend ist auch die Naturverbundenheit der Einheimischen. Aus dem rasendem Bus sieht unser Guide einige Meter von der Straße entfernt eine eigentlich gut getarnte Kragenechse im Baum, ebenso die gerade abgelegte Schlangenhaut einer „King Brown“ im Unterholz. Frage der Touristen: „Ist die giftig?“ Weißer Busfahrer (nervös): „Lasst uns schnell wieder einsteigen.“ Der Guide (cool): „Ja, sehr.“ Bei Pflanzen haben die Aboriginal People ebenfalls einen riesigen Wissenschatz, der von Generation zu Generation weitergegeben wird. Apotheken können in solchen Gegenden keine Geschäfte machen. Blutender Kratzer? Magenbeschwerden? Kopfschmerzen? Dagegen ist ein Kraut gewachsen! Natürlich taugen Gewächse nicht nur zum Heilen. Einmal zeigt uns ein Guide ein winziges rotes Knübbelchen und erklärt: „Damit kann man mehrere Leute umbringen.“ (Ist aber nachweisbar.) Ein anderes Mal lernen wir: „Die Blätter dieses Busches sehen vielleicht wie Klopapier aus. Aber sie haben feine Härchen, die einen unerträglichen Juckreiz verursachen.“

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Die tödlichsten Tiere der Welt

saltieWürfelqualle, Blauring-Krake, Taipan, Kegelschnecke – auf Ranglisten der giftigsten Tiere der Welt sind gebürtige Australier in den Top Ten immer sehr gut vertreten. Die menschlichen Mitbewohner des Kontinents nehmen das mit Galgenhumor. Der australische Countrysänger Slim Dusty bespielsweise hat der Rotrückenspinne einen ganzen Song gewidmet. In „Redback On the Toilet Seat“ erklärt er, dass es echt sch… ist, wenn einen der kleine Achtbeiner beim nächtlichen Klobesuch in den Hintern beißt, und schwört vom Krankenbett aus Rache: „I’ve had so many needles/That I’m looking like a sieve/And I promise you that spider/Hasn’t very long to live!“ In Outback-Kneipen werden Schlangen und Spinnen gern als Tresen-Dekoration verwendet – eingelegt in Alkohol in Marmeladengläsern. Allerdings ist Vorstellung, dass unter jedem Stein Viecher lauern, die nur darauf warten, Touristen zu töten, falsch. Die meisten Gifttiere bekommt man gar nicht zu Gesicht. An Menschen verschwenden sie ihr kostbares Nass nur, wenn sie sich bedroht fühlen. Lieber verstecken sie sich. Auch die üblichen Verdächtigen aus Horror-Filmen wollen einen nicht unbedingt fressen. Haie etwa beißen eher versehentlich in Surfer, weil die von unten betrachtet eine ähnliche Silhouette wie Robben haben.

Nur ein einziges Tier in Australien macht aktiv Jagd auf Menschen – das Salzwasserkrokodil, das über sieben Meter lang werden kann und nur im tropischen Norden vorkommt. Dort gibts jede Menge Souvenirs von Panzerechsen, die Zähne zeigen. Und die Einheimischen erzählen gerne Geschichten über sie. Wie die von dem Paar, das von einem kleinen Boot aus spektakuläre Fotos schießen wollte: Die beiden zogen einen Schweinekopf hinter sich her, um ein „Saltie“ anzulocken. Das ließ sich nicht lange bitten, schnappte den Schweinekopf – und den Mann, der hinten saß… Was davon wahr ist, und was „Urban (oder besser gesagt: Outback) Legend“? Wer weiß. Jedenfalls habe ich die zahlreichen Warnschilder in der Wildnis immer ernst genommen. 

P.S.: Statistisch gesehen sind die tödlichsten Tiere des Kontinents – Kängurus! Die haben nämlich die Eigenschaft, vor Autos zu hüpfen (vor allem in der Dämmerung).

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1. Reise: Wassersport

1braftingtullyseiteAnlaufpunkt für den äußersten Nordosten des Kontinents ist der Flughafen von Cairns. Die 130.000-Einwohner-Stadt hat keinen Badestrand, da sie am Wattenmeer liegt. Dafür gibts eine hübsche Promenade mit Riesen-Swimmingpool (kostenlos!). In der Dämmerung gehe ich dort entlang. In den Bäumen herrscht reges Treiben. Um mich herum platscht Kot aufs Plaster. Große Vögel mit Durchfall? Nein, die Viecher haben Haare. Ein Einheimischer klärt mich auf: Es sind Flughunde.

Klar: Bei meiner ersten Australienreise will ich unbedingt das Great Barrier Reef sehen! Im Gegensatz zum Ningaloo Reef in Western Australia und dem Riff vor Belize, die sich in Strandnähe befinden, liegt es im Schnitt 100 Kilometer von der Küste entfernt und ist nur nach einer längeren Bootsfahrt zu erreichen. Zwar gibt es von Cairns aus auch Tagestouren. Bill Bryson beschreibt in seinem Buch „Frühstück mit Kängurus“ solch einen Trip mit einem Schiff „beinahe so groß wie eine englische Kanalfähre“, das die Passagiere zu einem zweistöckigen Aluminiumponton bringt – „so groß, dass vierhundert Tagesausflügler darauf Platz fanden. Er erinnerte vage an eine Ölplattform“. Auch der Rest klingt nicht allzu vielversprechend: „Weil Schnorchler mit ausgebreiteten Armen und Beinen und dem Gesicht ein wenig unter der Wasseroberfläche schnorcheln – in anderen Worten: in der Toten-Mann-Pose –, sieht man nie genau, wer schnorchelt und wer tot ist. Erst wenn die Pfeife ertönt und alle rauskommen, nur nicht die eifrige, reglose Gestalt, weiß man, dass beim Abendessen einer weniger dabei sein wird.“ Nachdem ich das gelesen habe, buche ich lieber einen dreitägigen Trip auf einem relativ kleinen (38 Passagiere) Schiff.

Mein erstes Eintauchen in tropische Gewässer ist überwältigend: Während ich im Mittelmeer lediglich vereinzelte Bewohner getroffen habe, ist es hier tatsächlich, als hätte man seinen Kopf in ein Aquarium gesteckt. Und zwar in das Becken mit den herrlich bunten Fischen. Da vergesse ich auch, dass ich gerade noch furchtbar seekrank war und mein Essen mit ihnen geteilt habe. Im Januar herrscht im Norden Regenzeit, und eine Woche zuvor hatte es heftige Gewitterstürme gegeben. So ist die See immer noch ziemlich bewegt. Die lange Dünung macht sich nicht nur an Bord unangenehm bemerkbar, sie stört auch beim Schnorcheln.

Albtraum aller Taucher: Du kommst auf offener See hoch und das Boot ist weg. Nur Haie sind noch in der Nähe. Man sieht dich nie wieder… Diese Horrorgeschichte ist nicht nur unter dem Titel „Open Water“ verfilmt worden, sondern in der Gegend tatsächlich passiert. Seitdem achten die Bootscrews streng darauf, niemanden mehr zu verlieren. Wer zum Tauchen oder Schnorcheln von Bord geht, wird in eine Liste eingetragen und anschließend wieder abgehakt. Mannschaftsmitglieder mit Ferngläsern wachen über die Ausflügler und nötigen den Schnorchlern Poolnudeln auf – „Damit wir Euch besser sehen können.“ Das Teil ist beim Schnorcheln zwar eher hinderlich, erweist sich aber doch noch als praktisch: An einem Ankerplatz herrscht eine besonders starke Strömung – vom Boot weg. Was ich nicht bemerke. Sanft gleite ich über die Korallen dahin. Als ich mich kurz von dem fantastischen Anblick losreiße und nach dem Schiff gucke, ist es plötzlich verdammt klein geworden. Gegen die Strömung anzuschwimmen, funktioniert nicht. Zum Glück finde ich eine flache, sandige Stelle. Mit den Flossen grabe ich mich unten ein und schwenke mit dem Arm die Poolnudel. Schließlich kommt ein Schlauchboot und holt mich ab. Schwitz – ich hätte nicht gerne Stoff für einen weiteren Teil von „Open Water“ geliefert!

Der Guide auf Kangaroo-Island stammt aus Cairns und gibt mir einen guten Tip für einen Tagesausflug: „Du willst Natur und Action gleichzeitig? Dann wird dir Rafting gefallen!“ Stimmt! Mit dem Bus gehts erst nach Süden, dann flussaufwärts am Tully River entlang. Schließlich steigen wir in Schlauchboote um. Der Fluss windet sich durch Regenwald (Weltnaturerbe!). Auf den etwas ruhigeren Stücken kann man die Landschaft und Tiere wie Wasserdrachen, Libellen und Schmetterlinge betrachten. In den Stromschnellen geht die Post ab. Zwischendurch steuern die Guides die Boote unter Wasserfälle und lassen die Passagiere von Felsen springen oder eine Stromschnelle ohne Raft in der Schwimmweste abreiten. Da bleibt kein Auge trocken! Dass es den ganzen Tag in Strömen gießt, fällt kaum auf.


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2. Reise: Nationalparks

Anlaufpunkt für den Norden des Kontinents ist Darwin. Die Stadt ist hübsch, aber ziemlich gesichtslos. Denn die meisten historischen Gebäude sind am Heiligabend 1974 dem Wirbelsturm „Tracy“ zum Opfer gefallen. Zwar hat Darwin wie Cairns keinen Badestrand im Zentrum. Dafür gibts „Doctor’s Gully Aquascene“. Dort kommen bei Flut Massen von Fischen ans Ufer und fressen den Besuchern aus der Hand.

In der Nähe (selbst für europäische Verhältnisse) von Darwin befinden sich zwei wunderschöne Nationalparks: Kakadu (wo „Crocodile Dundee“ gedreht wurde) und Litchfield. Etwas weiter weg im Süden liegt das Schluchtensystem Katherine Gorge, das einen Abstecher lohnt. Alle drei Sehenswürdigkeiten lassen sich gut in vier Tagen abklappern. Da ich die Nationalparks im australischen Vorfrühling besuche, nehme ich sicherheitshalber eine Daunenweste mit. Wird ja sicher kühl abends. Die kann ich als Kopfkissen nehmen: Bei Nachttemperaturen von 25 bis 30 Grad reicht selbst verfrorenen Menschen wie mir ein Laken. Solch einen Vorfrühling hätte ich in Deutschland auch gerne!!! Im September ist der Boden ausgedörrt. Obwohl wir in den Tropen sind, haben die meisten Laubbäume ihr Laub abgeworfen, um Wasser zu sparen. Trotzdem bieten überall glasklare Flüsse fantastische Bademöglichkeiten mit Wasserfällen und Felspools. Einmal springen wir sogar in heiße Quellen. Die berühmten „Billabong“ genannten Wasserlöcher allerdings überlässt man lieber den örtlichen Salzwasserkrokodilen. Während einer Bootsfahrt sehen wir einen der Kolosse leise ins Wasser gleiten und auf uns zukommen. Alle halten sich brav an das Verbot des Kapitäns, irgendwelche Gliedmaßen ins Wasser baumeln zu lassen… Praktische Natur: Wer seinen Sonnenhut vegessen hat, kann sich stattdessen eines der riesigen Seerosenblätter aufsetzen.

3abillabongAuffällig sind die Termitenbauten, die überall aus dem Boden ragen. Man schätzt, dass im äußerst artenreichen Kakadu-Nationalpark die Termiten zwei Drittel der Biomasse aller Tiere ausmachen. Im Litchfield Nationalpark gibt es sogar eine besondere Spezies „magnetischer“ Termiten. Die errichten ihre meterhohen Bauten exakt in Nord-Süd-Richtung und bauen sie in Messerform, damit die heiße Mittagssonne keine Angriffsfläche findet. So herrschen innen immer wohltemperierte 21 bis 22 Grad. Sogar den Buschbränden (Trockenzeit) und Ãœberschwemmungen (Regenzeit) halten die Konstruktionen stand. Solche perfekt durchorganisierten Insektenmassen finde ich – ähnlich wie die Blattschneider-Ameisen in Mittel- und Südamerika – irgendwie gruselig.

Ständig brennt es irgendwo im Busch. Die meisten Feuer werden gelegt – von Nationalpark-Mitarbeitern! Das regelmäßige, kontrollierte Abrennen haben schon die Ureinwohner seit tausenden von Jahren praktiziert. Der Wald wird so von Gras und Unterholz „gereinigt“. Die Bäume hingegen überleben das Feuer. Viele Pflanzen brauchen sogar die extrem hohen Temperaturen. Erst dann öffnen sich ihre Samenkapseln und die Samen fallen direkt in die fruchtbare Asche. Früher oder später würde sich das knochentrockene Buschland durch Blitzschlag o.Ä. ohnehin selbst entzünden. Ist das Unterholz dann bereits zu hoch gewuchert, entstehen unkontrollierbare Brände, die auch die Bäume vernichten. Also fackelt man alles rechtzeitig selbst ab.

Meine erste Campingtour-Tour im Norden ist sehr komfortabel. Die Plätze haben feststehende Zelte, die fast wie kleine Hütten aussehen und Namen wie „Windsor Castle“ tragen. Allerdings ist man auch hier sehr nahe an der Natur: Auf einem Zeltplatz hüpfen überall Wallabys herum, auf dem nächsten große Aga-Kröten. Die sind in Australien nicht gerade beliebt. Sie wurden im Norden als Schädlingsvernichter auf Bananenplantagen eingeführt und haben sich schnell selbst zur Plage entwickelt. Außerdem hockt ein Frosch auf der Klobrille. Einmal campen wir in einem Mangogarten mit ständiger Geräuschkulisse. Tagsüber hängen Kakadus in den Bäumen, fressen die Früchte und kreischen. Wenn es dunkel wird, ist Schichtwechsel: Dann übernehmen die Flughunde.

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3. Reise: Einsamkeit

Meine zweite Campingtour im Norden ist richtig zünftig. Wir müssen unsere kleinen Zelte jeweils selbst auf- und abbauen und Feuerholz für warme Mahlzeiten sammeln. Besonders abenteuerlich ist die Übernachtung auf einem Platz, der lediglich ein Bioklo hat. Es gibt weder Strom noch fließendes Wasser. Die Dusche ist ein Stück weiter unten – ein Wasserfall im Fluss.

Diesmal geht es nach Cape York, das im Nordosten wie eine kleine Nase aus dem australischen Kontinent herausragt (wobei klein heißt, das man zur Durchquerung der Halbinsel eine Woche benötigt). Zunächst fliege ich von Cairns nach Thursday Island. Die Insel liegt in der Torres Strait, die Australien von Papua-Neuguinea trennt. Mit der Fähre setzen wir zum nördlichsten Punkt Australiens an der Spitze der Halbinsel über. Das offizielle Schild, das einst die Stelle markierte, ist geklaut worden. Deshalb haben Touristen aus Pappe und einem alten Nummernschild einen Ersatz gebastelt. Auf der Rückseite wird handschriftlich gewarnt: „Do not steal – we are watching.“

2bstaubigestrasseVon dort aus fahren wir im Allrad-Truck Richtung Süden –  teils auf dem neuen „Highway“ (= breitere Staubpiste mit Bodenwellen), teils auf der ursprünglich einzigen Straße, dem „Old Telegraph Track“. Der gilt als Mekka für Offroader mit Jeeps oder Motorrädern. Hier sind richtige Geländewagen mit Schnorchel als Auspuff und Seilwinde am Kühlergrill gefragt, denn manchmal müssen Flüsse durchquert werden. Besonders haarig ist „Gunshot Creek“. Auf der einen Seite der Fuhrt gehts fast senkrecht in ein Schlammloch, auf der anderen Seite ebenso steil wieder raus. Ich würde gerne mal sehen, wie sich einer dieser albernen, auf Hochglanz polierten Großstadt-SUVs daran versucht… Stau ist auf der Halbinsel ein Fremdwort: Wenn man das Minenstädtchen Weipa verlässt, sieht man die nächste Ampel erst ca. 1000 Kilometer weiter südlich in Cairns. Vor dem 1400-Seelen-Ort Cooktown gibts nur einzelne Siedlungen der Aboriginal People, verstreute Farmen und die ehemaligen Telegrafenstationen entlang des „Old Telegraph Track“, von denen die meisten heute kleine Hotels mit Campingplatz sind. Die Betreiber verabschieden sich Ende September ausführlich von unseren Tourguides und erklären: „Ihr seid die letzte Gruppe, die diese Saison hier durchfährt. Jetzt kommt die Regenzeit. Dann steht alles meterhoch unter Wasser und wir sind mindestens drei Monate von der Außenwelt abgeschnitten.“

Allerdings ist die Gegend nicht völlig menschenleer. Das merken wir beim Pinkeln im Outback: Am Straßenrand steht ein einsames Klohäuschen – abgeschlossen. Die dünne Vegetation bietet keine Deckung. Für die Männer ist das eh egal und wir Frauen denken: „Hier ist uns seit Stunden kein Auto mehr begegnet. Also, was solls?“ Prompt taucht aus dem Nichts ein Jeep auf – gefolgt von einem tief fliegenden Hubschrauber, der einige Meter weiter landet: Ein Farmer will seinen Weidezaun reparieren. Ein Stück weiter ist mitten auf dem Highway eine riesige Rinderherde unterwegs. Ein wenig ernüchternd: Die Cowboys und -girls, die in Austalien „Jackaroos“ heißen, reiten nicht auf Pferden, sondern auf Quad-Bikes.

Wenn man sich Cairns nähert, wird die Vegetation immer üppiger.  Cape Tribulation („Kap der Leiden“) klingt zwar nicht sehr verheißungsvoll, erweist sich jedoch als tropisches Paradies. Der Namensgeber Captain Cook hatte wohl 1770 keinen Blick für den weißen Strand und den uralten Regenwald im Daintree Nationalpark: Sein Schiff „Endeavour“ war im türkisblauen Meer auf ein Riff gelaufen.

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