PORTUGAL 🇵🇹 

Definitiv einen Blick wert: Lissabon

Bei meiner Reise nach Marokko im Herbst 2015 steige ich jeweils in Lissabon um. Auf dem Hinflug habe ich gut zwei Stunden Aufenthalt. Das reicht nur für einen Caipi und eins von diesen leckeren portugiesischen Vanilletörtchen („Nata“). Von oben sieht die Stadt gut aus, auch wenn es gerade regnet. Auf dem Rückweg habe ich mehr Zeit und nutze sie: Vom Flughafen fährt ein Bus für 3,50 Euro direkt ins Zentrum. Nach knapp 30 Minuten stehe ich auf dem Rossio. Von diesem Platz laufe ich zur Küste, wo sich die Parlamentsgebäude befinden. Obwohl es fast Mitte November ist, herrscht wunderschönes Spätsommerwetter. Ich bin nicht die Einzige, die auf der Mauer am Ministrand die Sonne genießt.

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Das Hoch im Atlantik: Azoren

Sao Miguel Nordwesten

Anfang Juni 2018 zieht es mich in die allerwestlichste Ecke Europas. Ich besuche drei der neun Inseln, die einsam und allein ca. 1500 Kilometer vor der Küste Portugals mitten im Atlantik liegen: São Miguel, Pico und Faial. Zwar ensteht das Azorenhoch in der Nähe des Archipels. Das bedeutet aber nicht, dass dort immer schönes Wetter ist. Man kann alle Jahreszeiten an einem Tag erleben. Es wird nie ganz kalt (auch im Winter nicht unter 16 Grad) und nie ganz heiß (auch im Sommer nicht über 24 Grad). Mit Regen muss man immer rechnen. Nach zwei Wochen ungewöhnlich warmen Wetters in Hamburg (im Mai!) bin ich verwöhnt. Während ich meist dick eingemummelt in den Urlaub fliege und mich dann vor Ort erleichtere, ist es diesmal eher umgekehrt. Schon beim Umsteigen in Lissabon bläst ein unangenehm kühler Wind. Entgegen der Erwartungen empfangen mich die Azoren zunächst mit strahlendem Sonnenschein.

Die Inseln sind unglaublich grün. Überall stehen auf den Hügeln glückliche Kühe, die keinen Stall kennen, und für Fleisch, Milch und Käse sorgen. Auf dem Markt stapeln sich Berge von Ananas, riesige Tomaten und dicke Kartoffeln. Entweder ernten hier die dümmsten Bauern, oder es liegt einfach am guten Boden und dem Klima, das (fast) alles wachsen lässt. An Fisch herrscht natürlich ebenfalls kein Mangel. Dementsprechend vielseitig und fantastisch ist das Essen.

Ebenfalls fantastisch sind die Menschen. Das merke ich noch einmal, als ich zum Flughafen muss. Am nächsten Tag ist Nationalfeiertag, der Präsident besucht Ponta Delgada und die Innenstadt ist schon gesperrt. So kommt das bestellte Taxi im Verkehrschaos nicht zum zentral gelegenen Hotel Camoes durch. Ich irre mit meinem Gepäck Richtung Hafen, wo ich eine Gruppe Polizisten und Offizielle sehe. Als ich verzweifelt frage, was ich tun soll, erbarmt sich einer der Polizisten und fährt mich mit einem Kollegen im Streifenwagen hin.

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SĂO MIGUEL: Unterirdisches Essen und Kraterseen

Meine Rundreise startet und endet auf São Miguel im Osten des Archipels. 18.000 der 138.000 Einwohner leben an der Südküste im Hauptort Ponta Delgada. Von dort aus erkunden wir zuerst Furnas im Osten der Insel. Das Dorf liegt in einem Einsturzkrater, der mit Wasser gefüllt ist. Aus der Erde kommt Dampf. Überall sind Hügel mit Namensschildern. Es ist aber kein Friedhof. Hier wird unser Mittagessen, der berühmte Eintopf Cozido, gekocht. Morgens um sechs werden riesige Pötte mit Schweine-, Rindfleisch und Hühnchen, Blutwurst, Chorizo, Kartoffeln, Süßkartoffeln und Yamswurzeln, Möhren und Kohl und anderem Gemüse gefüllt. Dann wird das Ganze begraben und am Mittag wieder ausgebuddelt. Ein Problem, sagt unser Guide Nuno, sind die Portionen: „Sie sind sehr groß. Eher für Fischer, Bauern und Walfänger gemacht.“ Unsere fünfköpfige Touristengruppe schafft nicht einmal die Hälfte.

Nach dem Essen entspannen wir im Parque Terra Nostra, einem subtropischen Botanischen Garten mit Riesenfarnen, Blumen und Wasserläufen. Es gibt ein großes Badebecken und kleinere Whirlpools, die von einer Thermalquelle gespeist werden. Das 30 Grad warme Wasser ist gelb, weil schwefelhaltig. Nicht weit weg sind weitere, kochend heiße Caldeiras. Es riecht streng. Anschließend fahren wir zur Nordküste, wo sich die einzige Teeplantage Europas befindet. Sie stellen sowohl schwarzen und grünen Tee mit museumsreifen Maschinen her.

Bei einer Jeeptour durch den Westen der Insel halten wir an einem Aussichtspunkt. Von dort hat man einen herrlichen Blick auf den Ort Sete Cidades, der an einem Kratersee liegt. Eine Brücke teilt das Gewässer in einen blauen und einen grünen Teil. Nuno gibt uns zunächst die romantische Erklärung für das Phänomen: Es waren einmal eine Prinzessin mit blauen Augen und ein Bauer mit grünen Augen. Beide weinten, weil sie nicht heiraten durften. Die wissenschaftlichtliche Version ist eher profan: Der eine Teil wirkt grün, weil er mehr Algen enthält und den umgebenden Wald reflektiert. Im blauen Teil spiegelt sich der Himmel. An dem Aussichtspunkt befindet sich die Ruine eines Luxushotels. Es lief nicht, weil auf 550 Metern Höhe häufig Nebel herrscht. Ein Stück weiter kann man in der anderen Richtung auf den Santiago Lake hinunterschauen. In Sete Cidades besichtigen wir die neogotische Kirche São Nicolau. Das Land gehört nach wie vor einer reichen Familie, die Häuser darauf den Leuten, was den Verkauf erschwert. Am blauen See befindet sich ein Überlauftunnel aus den 1930er-Jahren, durch den man zur Nordküste laufen kann (wenn man eine Taschenlampe hat). Daneben ist eine Picknickwiese, die Einheimischen schmeißen die Grills an.

Unser Mittagesessen hingegen ist ein traditionelles Buffet mit deftigen Spezialitäten wie Blutwurst mit Ananas (nicht so ganzen mein Fall). Anschließend gehts weiter zur Lagoa do Fogo, dem Feuersee in einem Krater. Das türkise Wasser und die weißen Strände wirken fast karibisch. In der Caldera Velha genieße ich erneut das Baden in Thermalpools. Letzte Station ist eine Ananasplantage. Die tropischen Gewächse werden in Treibhäusern gezogen. Um Früchte zu tragen, müssen die Pflanzen gestresst werden. Dazu wird Rauch ins Treibhaus geblasen. Nach zwei Jahren erhält man dann eine Ananas pro Pflanze.

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PICO: Wein und Meer

Von São Miguel fliegen wir frühmorgens zu den zentralen Azoren nach Pico, auf die Heimatinsel von Nuno. Die kleine Propellermaschine hätte mir fast den Urlaub verdorben. Sie war nämlich ausgebucht und die Einzige an diesem Tag. Zum Glück konnte ich über eine Warteliste nachrücken. In Pico fahren wir durch die Weinfelder, die zum Weltkulturerbe gehören. Sie sind von kleinen Mäuerchen aus Lavasteinen durchzogen. Das kam so: Zunächst versuchten die Menschen, Getreide anzubauen, aber das funktionierte nicht. Dann trugen sie die Lavaschicht ab und stellten fest: ideal für Reben! Doch wohin mit all den Steinen? Zunächst wurden die Grundstücksgrenzen mit Mauern markiert. Die restlichen Steine wurden als Schutz gegen Wind, Salz und Wetter um die Weinstöcke gelegt. So geschützt wird der Wein sehr süß und stark (16 bis 18 Prozent). Deswegen wird er wie Sherry als Aperitif oder Likörwein getrunken. In Madalena, Nunos Heimatort setzen wir mit der Fähre nach Faial über. Die See ist ziemlich rau. Im Hafen liegt das Wrack eines Schiffes, das im Januar von den Wellen auf die Felsen geworfen wurde. Zum Glück ist keiner ernsthaft verletzt worden.

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FAIAL: Treffpunkt der Weltumsegler

Ganz in Blau zeigt sich diese Insel. Überall sind Hortensien, sogar als Hecken zwischen den Feldern. Dementsprechend heißt der Hauptort Horta. Er ist sehr hübsch, mit einigen Jugendstilbauten. Unser Hotel Do Canal ist modern und zentral direkt an der Marina gelegen. Gleichzeitig ist es nur ein kurzer Weg nach Porto Pim, wo sich ein schöner Strand befindet. Auf einer Mauer aus Lavasteinen huschen Eidechsen umher. Darüber thront ein zauberhaftes Häuschen, das unbewohnt ist. Ich träume davon, wie es wäre Geld zu haben, das Häuschen zu kaufen und zu renovieren. Wie es aussähe, wenn es wieder strahlend weiß wäre. Mit zartlila Fensterläden. Oder roten. Und üppigen Blumen auf der Terrasse… Vom nahen Monte Queimado aus hat man einen tollen Blick zu beiden Seiten über die Bucht und die Marina.

Direkt an der Marina liegt auch die legendäre Seglerkneipe Peter Café Sport, die gerade den 100. Geburtstag feiert. Überall hängen von Atlantiküberquerern signierte Wimpel und Bilder an den Wänden. Im ersten Stock befindet sich das Scrimshaw Museum mit Schnitzereien aus Walzähnen und -knochen. Nicht nur das Essen lohnt sich hier (unser Menü: Fischsuppe, gegrillter Thunfisch mit Knoblauch und Schokoladenkuchen). Die Kneipe ist auch für ihren Gin Tonic mit selbst hergestelltem Gin berühmt. Während ich das legendäre Gesöff genieße, setzt sich eine Segelcrew aus Nordirland an meinen Tisch, die gerade mit der „Minnie B“ von den Bermudas herübergekommen ist. 14 Tage lang war das Ehepaar Norma und Phil mit einem Freund ununterbrochen auf See, immer in drei Stunden-Schichten am Steuer. In den vergangenen neun Jahren sind die beiden um die Welt gesegelt: Von Europa in die Karibik, durch den Panamakanal in die Südsee (französisch Polynesien war für sie das Schönste), über Neuseeland, rund ums Kap der guten Hoffnung, zu den Bahamas über die Bermudas bis nach Horta. Kap Hoorn und das Rote Meer haben sie vermieden. Phil hält sich einen Finger wie eine Pistole an den Kopf: „Wir sind die einfache Route gefahren.“

Und sie sind nicht allein. Die Hafenpromenade ist eine riesige Freiluft-Galerie. Um eine gute Reise zu haben, verewigen sich die Weltumsegler auf dem Beton an der Mole mit mehr oder weniger kunstvollen Gemälden. Die könnte ich stundenlang betrachten. Eines der Boote hieß „Unsinkable II“. Unwillkürlich frage ich mich, was wohl mit „Unsinkable I“ passiert ist. Sogar ein Rasender Hase hat schon angelegt: „Runaway Bunny“. Der Yachthafen wurde 1986 gegründet und hat 300 Liegeplätze. 2500 bis 3000 Schiffe machen pro Jahr hier Station. Damit ist die Marina die fünftbelebteste in der Welt.

An einem Tag zeigt sich das Wetter von seiner richtig ungemütlichen Seite – stürmischer Wind und immer wieder Regen. Wir ändern den Plan und machen statt Whale Watching erst einmal Bird Watching im Inselinneren, u. A. am Vulkan Capelinhos. Die Berge sind nebelverhangen, was der Landschaft einen unwirklichen Anstrich verleiht. Neben vertrauten Amseln, Rotkehlchen und Spatzen sehen wir Stieglitze, Mönchsgrasmücken, Kanarengirlitze und die kleinen, seltenen Wintergoldhähnchen.

Am nächsten Morgen ist es ruhiger, sodass wir mit einem Schlauchboot rausfahren können, um Seevögel zu beobachten. Im Hafen liegt ein Frachter. Er kommt einmal die Woche, um Lebensmittel zu bringen. Deshalb war der kleine Supermarkt am Tag zuvor so leer! Die Mole ist mit Tetrapoden (hier Hahnenfüße genannt) befestigt. Überall wimmeln Krabben und Felsentauben herum. Auf der Kaimauer hocken Möwen. In den steilen Klippen brüten massenweise Seeschwalben. Und die scheißen auf uns! Etwas weiter befindet sich ein weißer Felsen, der ursprünglich das Innere eines Vulkans war. Dort nisten die Sturmtaucher. Sie werden bis zu 40 Jahre alt, und die Paare bleiben ein Leben lang zusammen. Oft haben sie im ersten Jahr der Beziehung noch kein Küken. Abends nähern wir uns noch einmal vom Land aus dem Felsen. Sobald es dunkel wird, kehren die Eltern zu ihren Nestern zurück. Die Männchen rufen klagend „Aua, aua, aua!“ und die Weibchen antworten mit einem tieferen Schnarren. Es ist ein wildes Konzert.

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WHALE WATCHING: Die Qual der Walbeobachtung

24 verschiedene Walarten tummeln sich in den Gewässern rund um die Azoren. Gleich am ersten Tag gehen wir von Ponta Delgada aus Meeressäuger jagen. Natürlich nicht mehr wie bis Mitte der 1980er-Jahre mit Harpunen, sondern mit unseren Kameras. Nuno erzählt, dass auf den Azoren schlechte Ernten dazu geführt hatten, dass die Bevölkerung wirtschaftlich am Ende war. Nur deshalb wurde mit dem Fang von Pottwalen begonnen. Gegessen wurde deren Fleisch hier nie. Inzwischen sind sie wieder eine gute Einnahmequelle: Überall bieten Veranstalter für die Touristen Whale Watching an. Ich habe große Erwartungen! Wir fahren mit einem Schlauchboot hinaus, das gut motorisiert ist. Die See ist etwas bewegt. Trotzdem bleiben wir trocken. Man sitzt wie auf einem Pferd, das manchmal etwas bockt. Vom Land aus dirigieren auf den alten Beobachtungsposten Helfer mit starken Ferngläsern den Kapitän per Sprechfunk, wenn sie etwas gesichtet haben. Riesige Gruppen von Gemeinen Delfinen flitzen um das Boot. Auch ein paar „Flipper“-artige Große Tümmler und Sturmtaucher begleiten uns. Nur die Wale zeigen sich leider nicht.

Aber wir geben nicht auf! Von Horta aus fahren wir noch zweimal mit einem 13 Meter langen Katamaran aufs Meer, das nach dem stürmischen Tag noch ziemlich rau ist. Und tatsächlich: Zwischen Faial und Pico sehen wir mehrere Pottwale, die größten Zahnwale mit dem größten Hirn von allen Lebewesen. In einem Kindergarten dümpeln vier Jungtiere wie U-Boote an der Oberfläche vor sich hin. Auch die Mütter kommen immer wieder hoch. Es ist wie bei Eisbergen: Man sieht nur die kleine Rückenflosse aus dem Wasser schauen und erahnt die Gesamtgröße des Tieres erst, wenn die Wellen den großen Kopf freispülen oder beim Abtauchen die Schwanzflosse in die Luft ragt. Gelegentlich sprüht eine Fontäne. Schnauf! Pottwale haben das Blasloch nicht in der Mitte, sondern auf der linken Seite. Schon bei der Geburt sind die Weibchen fünf Meter, die Männchen acht Meter lang. Später könnes es dann zwölf bis 20 Meter werden. Zwischendurch schwimmt eine Meeresschildkröte vorbei. Sie ist aus Florida herübergekommen und wird irgendwann wieder dorthin zurückkehren. Auf dem Rückweg spielen Delfine direkt vor dem Bug. Selbst in der Hafeneinfahrt hält sich eine Gruppe auf. (s. FILM)

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