DEUTSCHLAND 🇩🇪 

Tief im Westen,
wo die Sonne (nicht mehr) verstaubt

Oft fragen mich Mitreisende aus anderen Ländern, was denn in Deutschland sehenswert sei. Ganz unvoreingenommen empfehle ich dann meine Heimat, das Ruhrgebiet. Zwar ist meine Geburtstadt Essen wie die Nachbarn im Zweiten Weltkrieg stark zerstört und in den 50er- und 60er-Jahren ziemlich gesichtslos wiederaufgebaut worden. Dafür haben wir etwas, was es so sonst nirgendwo auf der Welt gibt: Industriekultur!

Die ehemalige Zeche und Kokerei Zollverein ist Weltkulturerbe. Im Winter kann man auf einer Eisbahn vor der Batterie der Hochöfen Schlittschuh laufen. Überall in der ehemals flachen Landschaft lassen sich begrünte Halden ersteigen. Oft steht oben als Aussichtsturm eine begehbare Skulptur wie der „Tetraeder“ auf der Halde Beckstraße in Bottrop oder „Tiger and Turtle“ auf der Heinrich-Hildebrand-Höhe in Duisburg. Am Hang der Halde Prosperstraße in Bottrop gibts eine Skihalle, auf der Bottroper Halde Haniel ein Freiluft-Theater und auf der Essener Schurenbachhalde einen Froschteich. Sehr schön ist auch der Gelsenkirchener Nordsternpark auf dem Gelände der gleichnamigen Zeche. Viel ist im Rahmen des Projektes „RUHR.2010 – Kulturhauptstadt Europas“ neu entstanden, u.a. der Berne Park in einer Bottroper Kläranlage oder die Brücke „Slinky Springs to Fame“ in Oberhausen, die sich spiralförmig über den Rhein-Herne-Kanal zieht. Auf engstem Raum besitzt das Ruhrgebiet viele Theater für Kulturfreunde und viele Zoos für Naturfreunde. Besonders beeindruckend ist die „ZOOM Erlebniswelt“ in Gelsenkirchen mit ihren riesigen Gehegen, die den natürlichen Lebensräumen der Tiere nachempfunden sind.

„Woanders ist auch scheiße“ – der Bochumer Frank Goosen bringt es auf den Punkt. Selbst Landsleuten muss man es manchmal erklären: Das Ruhrgebiet ist nicht völlig zubetoniert. Wir haben sogar richtige Bäume!!! Glasklares Wasser, Sandstrand – die Duisburger Sechs-Seen-Platte hat an schönen Sommertagen Super-Badequalität und ist mit dem umgebendem Wald und den vielen Wasservögeln eine richtige Naturoase. Am Wochenende mache ich dort regelmäßig auf meinem Schiff „Rasender Hase“ Kurzurlaub. Während im Norden der Region ehemalige Industrieflächen (s.o.) zum Wandern einladen, lockt im Süden eine hügelige Landschaft – z.B. rund um den Essener Baldeneysee und in der Elfringhauser Schweiz bei Hattingen.

 

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Von unten nach oben

So hat Marc-Uwe Kling Deutschland einmal auf den Punkt gebracht. Als Kind habe ich mit meinen Eltern meist entweder das eine (Zugspitze; Foto l.) oder das andere Ende (Sylt; Foto r.) besucht. Nach dem Mauerfall bin ich auch in den Osten vorgedrungen, habe lange Wochenenden an der Müritz und auf dem Darß verbracht. Gute Feunde wohnen inzwischen im Schwarzwald. Ich selbst arbeite seit vielen Jahren in Hamburg. Obwohl ich mitten in der Stadt wohne, habe ich „Wildtiere“ auf dem Balkon – Eichhörnchen!

All das ist durchaus eine Reise wert. Und da das Land relativ (verglichen z.B. mit Australien oder den USA) klein ist, gut zu erreichen. Zum Thema Transport lege ich Unkundigen zwei Dinge ans Herz: 1. Ja, es stimmt! Wenn an einer Autobahn keine Begrenzungsschilder stehen, gibt es kein Tempolimit. Wer also meint, 80 Meilen pro Stunde seien schnell, sollte sich besser keinen Mietwagen nehmen (oder starke Nerven haben). 2. Nein, es stimmt nicht! Die Deutsche Bahn wird dem guten Ruf deutscher Technologie absolut nicht gerecht. Das Einzige, was hier weltspitze ist, sind die Fahrpreise! Service? Pünktlichkeit? Moderne Wagen? Handyempfang? W-LAN? Liebe Peruaner, liebe Thailänder, vergesst es! Ihr seid nicht zuhause. Bei Euch mag Zugverkehr trotz Hitze, Kälte, Nässe oder Trockenheit funktionieren. Bei der Deutschen Bahn nicht. Nicht mal die Entschuldigungen für die ständigen Verspätungen sind übermäßig originell. Vielleicht sollte das Unternehmen wenigstens da mal nachbessern. Meine Vorschläge: „Der Hund hat den Fahrplan gefressen“ oder „Ein Eichhörnchen hat auf die Schienen gekotzt“.

Mit Schweinshaxe und „Kraut“ kann man mich jagen. Ebenso mit Erbsen und Möhren, Königberger Klopsen oder Hühnerfrikassee. Nicht mal Bier mag ich besonders (es sei denn, es schmeckt wie Guinness oder Alt nicht „bierig“). Trotzdem komme ich essensmäßig gut klar. Das liegt daran, dass italienische, griechische und chinesische Restaurants sowie türkische Imbisse inzwischen flächendeckend vorhanden sind. Und dass selbst traditionelle Restaurants mit Namen wie „Zum Hirschen“ in der Regel auch Pasta auf der Karte haben. In den Städten gibts noch mehr Abwechslung: Eines meiner Lieblingslokale in Hamburg ist tibetisch, in Essen arabisch.

Was ich allerdings im allzu dicht besiedelten Deutschland oft schmerzlich vermisse, sind weite Landschaften und wilde Natur. Und natürlich tropisches oder wenigstens mediterranes Klima. Feuchte Kälte hat mir schon manchen „Sommerurlaub“ verhagelt.

 

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