EUROPÄISCHE LÄNDER

Besuche bei den Nachbarn

Bevor ich mit 27 Jahren das erste Mal den europäischen Kontinent verlassen habe, war ich in der näheren und weiteren Umgebung unterwegs:

🇨🇭 Meine erste Auslandsreise war gleichzeitig mein erster Skiurlaub. Im Alter von drei Jahren fuhr ich 1969 mit meinen Eltern nach Bettmeralp in der Schweiz. Später habe ich dort noch zwei weitere Skiurlaube in Arosa (1983 mit einer Jugendgruppe) und Andermatt (1987 mit einer Studentengruppe) verbracht.

 

🇮🇹 Mein erster Badeurlaub führte die Familie nach Italien: 1971 waren wir in Bibione an der Adria. Meine Eltern behaupteten später, ich hätte genölt, der Sand sei mir „zu sandig“. Aber in meiner Erinnerung war es sehr schön. 1972 standen gleich zweimal die Südtiroler Dolomiten auf dem Programm – Ostern Skifahren auf der Plose, im Sommer Wandern in St. Ulrich. 1979 gabs in Limone am Gardasee eine gelungene Kombination aus Wasser und Bergen. Ich habe das erste Mal in der Natur Zi­tro­nen gesehen und fühlte mich fast wie in den Tropen. Dort ist mir auch erstmals aufgefallen, dass Jungs gar nicht so langweilig sind (und auch nicht alle Socken in Sandalen tragen). Ein Jahr später in Lido di Jesolo an der Adria hatte ich zum Flirten mit den Papagalli eine Schulfreundin als Verstärkung dabei. Bei einem Tagesausflug nach Venedig durften wir alleine durch die Stadt streifen und fühlten uns schon sehr erwachsen. Wie üblich fuhren meine Eltern und ich mit dem Zug. Auf dem Rückweg hatten wir einen längeren Aufenthalt in Verona. Mein Vater nutzte die Gelegenheit und zeigte erst mir, dann meiner Mutter die berühmte Arena. Währenddessen bewachte ich am Bahnhof die beachtliche Menge Gepäck (inklusive Schlauchboot und Paddel). Plötzlich näherten sich zwei Polizisten in beeindruckenden Uniformen (ich war ja an Ordnungshüter in förstergrün gewöhnt) und redeten auf mich ein. Ich habe nur Bahnhof und das Wort „passaporto“ verstanden. Die wollten wohl meinen Ausweis sehen, der in der Brieftasche meines Vaters steckte. In fließendem Latein stammelte ich: „Passaporto – parentes. Parentes – arena“. Glücklicherweise ließen sich mich daraufhin in Ruhe. Erst später habe ich erfahren, warum die Sicherheitskräfte so nervös waren: Kurz zuvor war auf dem Bahnhof im nahen Bologna eine Bombe explodiert.

 

🇪🇸 Mein erster Schnorchelausflug fand 1975 in Spanien statt. Mit meinen Eltern war ich in Lloret de Mar. Im Gegensatz zu ihnen fand ich es als Neunjährige toll dort. Ich habe die neuen Ausblicke in die Unterwasserwelt genossen, im Hotelpool getobt und bin abends müde ins Bett gefallen. Das im Meer treibende Klopapier, den Dreck im Becken und den Krach von der benachbarten Disco habe ich gar nicht bemerkt. Auch vor den Speisesaal kotzende Betrunkene haben mich damals wenig gestört. Solange die Musikbox in der coolen Strandbar ständig die Titelmelodie von „Pipi Langstrumpf“ und „La paloma blanca“  spielte, war meine Urlaubswelt in Ordnung. Wohlweislich bin ich später nie ins Kindheitsparadies zurückgekehrt…

 

🇭🇷 Meinen ersten Cocktail habe ich 1981 in Kroatien auf der Insel Rab getrunken. Es gab zwei Sorten: Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Der eine war unten orange und verlief nach oben ins tiefe Rot, beim anderen war es umgekehrt. Überhaupt war die Verpflegung sehr gut. Das könnte daran gelegen haben, dass im selben Hotel auch Funktionäre des Tito-Regimes Ferien machten. Gäste der benachbarten Bungalowanlage erzählten, dass im damaligen Jugoslawien die Supermarktregale weniger üppig gefüllt waren. Die Unterkunft lag auf einer wunderschönen, bewaldeten Halbinsel mit Felsküste. Im glasklaren Wasser bin ich wieder geschnorchelt. Außerdem habe ich meine Begeisterung für Wüsten entdeckt. Die Rückseite der Insel, an der die Fähre vom Festland anlegt, sieht nämlich wie eine Mondlandschaft aus und hat mich schwer beeindruckt. 2013 habe ich bei einem Segeltörn die Küste weiter südlich erkundet.

 

🇧🇪 Meine erste (und einzige) Klassenfahrt ins Ausland war nicht allzu weit: 1982 nach Belgien. Auf dem Programm standen die Städte Gent, Antwerpen, Brügge, Brüssel sowie ein Abstecher ins französische Calais. Alles ausgesprochen hübsch, aber für eine reiselustige Pubertierende nicht übermäßig spektakulär.

 

🇳🇱 Meine erste Reise mit dem eigenen Auto habe ich 1985 in die Niederlande gemacht, wo Bekannte in Elburg ein Ferienhaus hatten. Der Wagen war ein 14 Jahre alter VW Käfer und hatte Charakter. Leider nicht immer einen guten. Beim ersten TÜV-Besuch meines Lebens piekte der Prüfer mit einem Kugelschreiber in den rostigen Türholm und bemäkelte dann noch die Bremsen (durchgefallen). Mal fiel auf Katzenkopfpflaster der einzige Seitenspiegel ab, mal lockerte sich im Gewitterguss die Schraube, die den Scheibenwischer auf der Fahrerseite hielt. Die Heizung lief immer, was man jedoch nur im Hochsommer fühlte. Dafür sprang „Oscar“ (ich hatte ihn nach meiner Lieblingsfigur in der „Sesamstraße“ getauft) selbst im kältesten Winter an. Allerdings war ich die Einzige, die ihre Scheiben von innen kratzte. Dort befand sich eine fingerdicke Eisschicht, denn der Innenraum war etwas feucht. Bei Regen gabs durch die Löcher im Boden regelmäßig Wassereinbrüche auf der Beifahrerseite. Gefahr, die in Holland auf Autobahnen beschränkte Höchstgeschwindigkeit zu überschreiten, bestand nicht: Der 33-PS-Motor machte zwar mehr Krach als jeder Sportflitzer, schaffte aber gerade mal hundert Stundenkilometer (bergab mit Rückenwind), sodass ich ständig von Lastwagen überholt wurde. Kaum hatte ich die Grenze passiert, fing das Auto an zu „hubbeln“. Liegt wohl an den hiesigen Straßen. Dachte ich, bis ich den Plattfuß bemerkte. Danach war „Oscar“ brav und hat klaglos Ausflüge ins Aquarium von Harderwijk und ins von Grachten durchzogene Örtchen Giethoorn gemacht. Später habe ich beim Besuch eines Freundes, der kurz in den Niederlanden arbeitete, Amsterdam und Rotterdam besichtigt.

 

🇩🇰 Der erste Segeltörn ging 1988 nach Dänemark: rund um Fünen mit Abstechern zu den kleineren Inseln Alsen, Aerö und Langeland. Auch wenn das beliebte Revier „dänische Südsee“ heißt – tropische Nächte, Palmen und farbenfrohe Fische sucht man hier vergebens. Dafür gibts bunt gestrichene Häuschen, die wie Puppenstuben aussehen. Unser gechartertes Schiff hieß „Freya“ und war 11,40 Meter lang. An Bord wurde Seglerisch gesprochen und ich notierte in meinem Reisetagebuch: „Ich lerne, dass Palstek nicht etwa ein Verwandter des Rumpsteak, sondern ein Knoten ist. Schoten sind keine Hülsenfrüchte oder Träger karierter Röcke, sondern die Seile, mit denen die Segel bedient werden. Fieren hat nichts mit dem Grand mit Vieren zu tun – es heißt Leinen nachlassen.“


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