GUATEMALA 🇬🇹 

Reiseroute 2011

Antigua (ehemalige Hauptstadt, Weltkulturerbe) – Quiriguá (alte Maya-Stätte, Weltkulturerbe) – Flores (Kleinstadt auf einer Insel im Lago de Petén Itzá) – El Remate (Dorf am Ost­ufer des Sees) – Tikal (alte Maya-Stätte, Weltkulturerbe) – BELIZE 🇧🇿  – MEXIKO 🇲🇽 

Guatemala Shitty

Februar 2011: Der Jet fliegt über eine grüne Gebirgslandschaft und landet in der Hauptstadt, Guatemala City. „Ein hässlicher Moloch: laut und chaotisch“ – so beschreibt der Reiseführer die Metropole. Fünf Millionen Einwohner drängen sich hier auf engem Raum, z.T. klammern sich die Häuser an steile Berghänge. Zudem ist die Kriminalitätsrate überduchschnittlich hoch. Also fahre ich mit dem Taxi vom Flughafen gleich weiter ins nahe Antigua .

Eine gute Entscheidung, bestätigt unser einheimischer Tourguide später. Juan nennt die Stadt, in der er geboren wurde, „Guatemala Shitty“ und lebt selbst lieber im Örtchen El Remate. Die Probleme des Landes treten in Guatemala City eben besonders deutlich hervor.

Die USA hätten seine Heimat immer als ihren „Hinterhof“ betrachtet, erklärt Juan und bringt die jüngere guatemaltekische Geschichte mit einem Satz auf den Punkt: „The CIA fucked up our country.“ Mit deren Hilfe wurde nämlich 1954 der demokratisch gewählte Präsident gestürzt und eine Militärdiktatur errichtet. Folge war ein 36-jähriger Bürgerkrieg (1960 bis 1996), in dem rund 200.000 Menschen getötet wurden – überwiegend von Regierungstruppen und paramilitärischen Todesschwadronen.

Hat sich nach Ende des Bürgerkriegs die Situation – vor allem für die Maya-Urbevölkerung – verbessert? Ist z.B. nach freien Wahlen der Landbesitz jetzt gerechter verteilt? „Nein“, meint Juan. „Der einzige Unterschied ist, dass die Gewalt- und Bandenkriminalität zugenommen ist.“

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Zurück in die Vergangenheit

Die ehemalige Hauptstadt Antigua ist das Kontrastprogramm zur aktuellen. Ironischerweise hat ausgerechnet eine Naturkatastrophe dafür gesorgt, der Ort seinen barocken Charme behalten hat: 1773 wurde Antigua fast komplett durch ein Erdbeben zerstört. Die Hauptstadt wurde nach Guatemala City verlegt. Jüngere Bausünden wurden dort begangen, während das wiederaufgebaute Antigua sein Stadtbild komplett erhalten hat. Die Orientierung ist einfach: Die Straßen bilden ein Schachbrettmuster und sind durchnummeriert. Genau in der Mitte ist der Parque Central.

Schon 1979 erklärte die UNESCO Antigua zum Weltkulturerbe. Dementsprechend gelten strenge Denkmalschutzbestimmungen. Große Werbetafeln sind verboten, nur diskrete Messingschildchen an den Häusern verweisen auf Hotels oder Geschäfte. Selbst die örtliche MacDonalds-Filiale muss sich damit begnügen. Jährlich verklagt die Kette die Stadtväter, um endlich die typischen, großen gelben Bögen anbringen zu dürfen – vergebens.

Für jemanden, der gerade aus dem tiefsten europäischen Winter kommt, ist Antigua ein Fest für die Augen: Auf 1520 Meter Höhe herrscht ewiger Frühling, überall blühen Blumen – in den vielen kleinen Parks ebenso wie in den Innenhöfen der alten Häuser. Von der Straße aus ahnt man nicht, welche Paradiese sich hinter den strengen Fassaden verbergen: So bietet z.B. das Hotel „Casa del Parque“ einen Garten mit Pool, den man gegen Gebühr benutzen darf.

Die Dusche in unserem Hotel „Los Bucaros“ kommt mir irgendwie spanisch vor. Es gibt zwei Wasserhähne – „c“ und „h“. Klar, denke ich: „cold“ und „hot“, drehe „h“ auf und stehe im eiskalten Regen. Hmm. Vielleicht soll „c“ ja „caliente“ bedeuten? Tatsächlich! Warum allerdings auf dem Kaltwasserhahn „h“ steht und nicht „f“ für „frío“, bleibt im Dunkeln. Ist wohl ein Witz, mit dem die in Guatemala nicht allzu beliebten Gringos (US-Amerikaner) verulkt werden sollen…

 

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Vulkane – echt heiß!

Von Antigua aus mache ich einen Ausflug zum Pacaya. Er gilt als einer der aktivsten Vulkane der Welt und ist für seine spektakuläre Feuershow bekannt. Bis zum Mai 2010 konnte man glühende Lava aus der Nähe bewundern. Dann gabs einen heftigen Ausbruch. Der Guide aus dem nahe gelegenen Dorf erinnert sich: „Das Ganze dauerte 45 Minuten. Mit meiner Familie saß ich zu Hause unter dem Tisch und hörte die Lavabrocken auf das Wellblechdach prasseln.“ Seitdem liegt der Berg auf der faulen Vulkanhaut und raucht nur noch ein bisschen. Er muss erst wieder Kraft für den nächsten Ausbruch sammeln. Heiß ist die inzwischen an der Oberfläche erstarrte Lava aber immer noch: In einer Spalte lassen sich blitzschnell Marshmallows grillen. Von oben sieht man Guatemala City unter einer Smog-Glocke – und die Gipfel der drei Vulkane, zu deren Füßen Antigua liegt. Fuego, der Linke, ist ebenfalls noch aktiv und nach Angaben des Guides „mal wieder fällig“.

Vom Dorf führt ein schmaler Weg durch den Wald hinauf bis in das Lavafeld unterhalb des Kraters. „Taxi?“, bieten die Einheimischen vor dem Aufstieg an. Das hat ein PS, fährt mit Gras und gibt die Emissionen in Form von Pferdeäpfeln ab. Ich lehne dankend ab. Trotzdem begleiten die Männer aus dem Dorf die Gruppe mit ihren Vierbeinern. Es ist steil. „Taxi?“ Unser Guide legt ein ziemliches Tempo vor. „Taxi?“ Es ist mein zweiter Urlaubstag und ich merke die Zeit- und Klimaumstellung. „Taxi?“ Keuch. „Taxi?“ Ok, Ihr habt gewonnen: „Taxi!“

 

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Kaffee –
das interessiert mich die Bohne!

In Antigua gibt es eine Kaffeeplantage, die man besichtigen kann. „Guatemala hat den besten Kaffee der Welt. Und Antigua hat den besten Kaffee von Guatemala“, erklärt der Guide stolz. Der vulkanische Boden und die Hochlage sind ideal für die Pflanzen, die im Schatten größerer Bäume langsam wachsen dürfen. Gepflückt wird hier noch per Hand (nur die Beeren, die schon rot sind). Als Souvenir bringe ich ein Päckchen Kaffee mit. Echt lecker!

Heute habe ich was gelernt. Hier drei besonders interessante Fakten:
– Der Kaffee wurden in Syrien von einem Hirten entdeckt. Dem fiel auf, dass seine Ziegen besonders fit waren, wenn sie die Beeren von einem bestimmten Strauch gefressen hatten.
– Je stärker Kaffee geröstet wird, desto weniger Koffein enthält er. Obwohl Espresso „kaffeemäßiger“ als Kaffee schmeckt, ist er also gar nicht so ein Muntermacher.
– Für Deutschland hatte die Kaffee-Einfuhr ernüchternde Folgen: Vorher wurde Biersuppe zum Frühstück konsumiert.

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Paradies für Wasserratten

Neben der Pazifik- und einem sehr kurzen Stück Karibikküste hat Guatemala eine Reihe herrlicher Süßwasserseen zu bieten. Der berühmteste ist wohl der Lago de Atitlán, der leider nicht auf der Reiseroute liegt (ich habe nur 14 Tage für drei Länder). Auf der Fahrt von Antigua im Süden in den Petén im Norden des Landes werfen wir einen kurzen Blick auf die Urlaubsregion Río Dulce. Wunderschön – hier hätte man sich auch länger aufhalten können!

Dafür bleiben wir zwei Tage in Flores, das auf einer Insel im Lago de Petén Itzá liegt. Die Kleinstadt ist hübsch genug, um idyllisch zu sein und schäbig genug, um authentisch zu wirken. Man kann alles wunderbar zu Fuß erkunden (in weniger als einer Stunde ist die Insel umrundet) und dort lecker essen. Juan empfiehlt uns einen schrägen Mix aus Restaurant, Kneipe und Bibliothek (so was haben wir auch in Antigua gesehen). Zur Einrichtung gehört auch ein Dackel – im Englischen „sausage dog“ genannt, was dem Gericht „hot dog“ eine völlig neue Bedeutung verleiht…

Dann erlebt die Gruppe wieder den Vorteil, einen einheimischen Tourguide zu haben. Juan schlägt einen Tagesausflug nach El Remate am Ostufer des Sees vor und verspricht: „Das werdet Ihr nicht bereuen!“ Stimmt, der Ort ist ein von Touristen noch nicht überlaufenes Paradies. Die Häuser verschwinden fast völlig im üppigen Grün. Auf schattigen Terrassen kann man frischgefangenen Fisch essen. Und das glasklare, warme Wasser lädt zum Schwimmen ein.

 

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Die Maya

Ich besichtige in Guatemala zwei der berühmtesten Stätten der alten Maya-Welt: Quiriguá und Tikal. Sehenswert ist jeweils auch die Umgebung der Ruinen: Sie liegen in dichten Regenwäldern, in denen sich Affen und Papageien tummeln. Juan zeigt uns in Tikal einen sogenannten „Touristenbaum“: Seine Rinde ist rot und pellt sich. Wenn allerdings die Sonne draufbrennt, wird sie weiß.

Wer hat die Größte? Einst stellte der Fürst Stürmischer-Himmel in der Stadt Quiriguá Stelen auf. Seine Nachfolger machten es ihm nach. So ragen noch heute auf einer großen Wiese zig Säulen mit Götter- und Tiermotiven in den Himmel. Ein Schelm, wer Arges dabei denkt. Psychologen würden es wohl „phallisch“ nennen…

Tikal ist vor allem für ihre Tempel und Pyramiden bekannt. Da die Großstadt (Schätzungen zufolge lebten dort bis zu 200.000 Menschen) bereits um 900 von den Bewohnern verlassen wurde (warum ist nicht genau geklärt), ist der größte Teil völlig zugewuchert. Die Ausgrabungen der Ruinen sind nämlich nicht so einfach wie man denkt. Bäume fällen, Erde runterkratzen – von wegen! Alles ist voller Wurzeln, die man erst langsam verrotten lassen muss. Dann wird vorsichtig gebuddelt, wobei jeder Stein numeriert wird. Anschließend werden die Bauten wieder zusammengesetzt. Extrem teuer – deshalb sind die meisten archäologischen Schätze hier noch nicht gehoben. Zudem stehen inzwischen die Bäume, die auf den Ruinen wachsen, unter Naturschutz.

Die meisten der ausgegrabenen Tempel (z.B. der, der im ersten „Star Wars“-Film als Rebellenbasis zu sehen ist) dürfen bestiegen werden. Die steilen Steinstufen sind sehr beeindruckend, Vor allem, wenn man bedenkt, dass alles ohne Hilfe des Rades gebaut wurde. Das kannten die Maya zwar. Sie konnten aber nichts damit anfangen, weil sie keine Lasttiere hatten. Die letzten Pferde in der Gegend waren nämlich längst ausgestorben. Und das größte vorhandene Tier – der Jaguar – ließ sich schlecht irgendwo vorspannen. So konnten auch Reisen nur zu Fuß unternommen werden.

Tikal ist für Juan, der Archäologie studiert hat, ein besonderes Highlight der Reise. Er versorgt uns nicht nur mit Informationen zum Thema, sondern erzählt auch schräge Sachen: Wenn man klatscht, werfen die Pyramiden ein seltsames Echo zurück, das wie der Ruf eines Quetzals klingt. Eigentlich kommt der heilige Vogel der Maya im Flachland gar nicht vor. Man vermutet, dass die Herrscher ihn auf diese Weise vorgetäuscht haben, um ihre Untertanen zu beeindrucken.

Natürlich taucht bei uns die Frage auf, ob denn nun am 21.12.2012 Weltuntergang ist. Das weiß auch Maya-Experte Juan nicht. Wir rechnen mit einem Zehner-System, weil wir die Finger zum Abzählen genommen haben. Die Maya haben die Zehen miteinbezogen und ein 20er-System entwickelt. Das spiegelt sich in ihrem Kalender wieder, demzufolge am magischen Datum ein großer Zyklus zu Ende geht. Ob dies allerdings der Letzte ist, oder anschließend wieder der Nächste beginnt? Sicher ist nur: Es werden sich am 21.12.2012 sehr viele seltsame Typen in Tikal aufhalten!

 

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